Noch nie in der C&C-Geschichte war ein Add-On dermaßen umstritten, wie „Der Aufstand“. Daran ist aber nicht etwa der Inhalt schuld, sondern die Vertriebsmethode, die EA gewählt hat. Es ist nur zum Download verfügbar, was bei vielen Spielern zur kompletten Verweigerung führt. Auch fallen die Bewertungen in den Print- und Online-Medien nicht unbedingt positiv aus. Zu Unrecht, wie wir finden, denn die Erweiterung hat wirklich viele Stärken und für ihren Preis auch einiges zu bieten.
Die strategischen Kampagnen
Wie sich das eben für ein Add-On gehört, hat Der Aufstand für jede der drei Parteien einen neuen Feldzug zu bieten. Die Bezeichnung „Mini-Kampagne“ sagt aber schon alles über deren Umfang aus. Die Sowjets kämpfen in vier Missionen gegen den dubiosen Technologiekonzern FutureTech, während Alliierten und Japaner in je drei Einsätzen ihre jeweiligen Vorstellungen von der Friedenssicherung im Reich der aufgehenden Sonne nach dem Krieg umsetzen. Zehn Missionen gibt es also insgesamt, die dafür aber alle recht lang geraten sind und einen herausfordernden Schwierigkeitsgrad bieten. In der Tat hat es mich als C&C-Fan gefreut, mal wieder ein wenig gefordert zu werden, nachdem Alarmstufe Rot 3 durch die Co-Commander stellenweise viel zu einfach war, weil man sich auf die Schützenhilfe der KI eigentlich immer verlassen konnte.
Womit wir auch schon beim ersten Unterschied des Add-Ons zum Originalspiel wären. Die Missionen werden nicht mehr im Ko-Op-Modus mit wahlweise einem Freund oder einem KI-General gespielt, sondern ganz klassisch allein gespielt. Ob einem das gefällt, muss wohl jeder für sich entscheiden. Ich fand es aber ganz OK, wieder auf mich alleine gestellt zu sein und mich nicht darauf verlassen zu können, dass mein Mitstreiter es schon richtet. Auch ist mehr Dynamik möglich, da nicht mehr so sehr darauf geachtet werden muss, dass auch beide Spieler genügend berücksichtigt werden (Wenn ich da etwa an die Mission mit dem Shogun-Henker im Original denke, da war Spieler 2 nun wirklich eigentlich gar nicht mehr nötig.). So ist in den Missionen durchaus auch mal die ein oder andere witzige Idee vorzufinden, etwa, wenn mein als russischer Panzer getarnter Transporter von einem russischen Hubschrauber bequem zum Zielort verfrachtet wird.
Die neuen Einheiten, die man in der Erweiterung vorfindet sind stark, zu stark für den Mehrspieler-Modus, wie unschwer zu erkennen ist. Wenn einige Giga-Festungen der Japaner selbst noch so große Bauwerke mit ein bis zwei Schuss mühelos pulverisieren können, Alliierte Harbinger-Gunships jede noch so große Panzerarmee innerhalb von Sekunden in ihre Bestandteile zerlegen und kostengünstige Sowjetische Mörserbikes an Gebäuden empfindlichen Schaden anrichten, ist das wohl absolut nichts, was als besonders fair angesehen werden kann. Innerhalb der Kampagne fand ich es aber in Ordnung, da so auch der Schwierigkeitsgrad herausfordernd gehalten werden konnte, man sich andererseits aber selbst auch an der einen oder anderen Zerstörungsorgie erfreuen konnte. Und man hat sich ja eigentlich nur nach den *hust* gottgleichen Blizzard Studios gerichtet, die den Untoten in ihrem Warcraft III in der Kampagne auch die ein oder andere Übereinheit spendierten. Die Ensemble Studios ließen gar die Namen gebenden Titanen des Age of Mythology-Add-Ons The Titans auf die Online-Server los und wer der Auffassung ist, die Einheiten von Der Aufstand seien übertrieben mächtig, sollte die mal erlebt haben.
Es war schon in manchem Test zu lesen, dass der Schwierigkeitsgrad zu hoch oder gar unfair sei. Das kann ich aber nicht bestätigen. Ich habe direkt davor Feuersturm noch mal durchgespielt und kann sagen, dass der Anspruch in etwa dem entsprach, wobei Der Aufstand an einigen Stellen einen Tick schwieriger war. Ich glaube kaum, dass der Schwierigkeitsgrad von Feuersturm damals als zu hoch empfunden wurde, vermutlich sind heutige Spiele einfach im Schnitt zu einfach. Es gibt durchaus einige haarige Stellen, aber mit Blick auf die Fähigkeiten der Einheiten lassen diese sich eigentlich alle problemlos lösen. Und mir als Fan hat es wie schon gesagt gefallen, mal wieder ein wenig gefordert zu werden. Wenn jemand die vorliegenden Missionen zu gemein findet, sollte er mal wieder (oder zum ersten Mal in seinem Leben?) die Nod-Missionen von Tiberiumkonflikt durchspielen, die sind bisweilen unfair und schwer…
Die Yuriko-Kampagne
Anders als den meisten bisherigen Testern, hat mir die Yuriko-Kampagne leider nicht so wirklich zugesagt. Ich habe nichts gegen kampfbetonte Spiele, ich bin sogar der Auffassung, dass jeder, der sagt, Serious Sam sei nur Ballern ohne nachzudenken, es wohl bisher nur auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad gespielt hat. Nur dieses diabloartige Dauertotklicken von Gegnern hat mich noch nie wirklich vom Hocker gerissen. Zudem fehlt in der Yuriko-Kampagne ja auch das, was wohl den eigentlichen Reiz an Hack and Slay ausmacht: Die Charakter-Entwicklung und das Sammeln seltener und wertvoller Gegenstände.
Ich muss ja sagen, dass ich dachte „Hack and Slay“ wäre als Worthülse der Marketing-Abteilung von EA verwendet worden, einfach weil es eine so schön bekannte Bezeichnung ist. Aber es stimmt: Man kontrolliert wirklich nur Yuriko und kann wahlweise Gegner direkt angreifen oder eine von vier Fähigkeiten auswählen, die sich an Computerterminals Stück für Stück verbessern lassen. Für einige Minuten mag das recht unterhaltsam sein, mir aber wären noch ein paar Missionen mehr für die regulären Kampagnen lieber gewesen. Danke EA, dass ihr bemüht habt, innovativ zu sein, aber versucht es doch mal ein wenig mehr auf der strategisch-taktischen Ebene. Wie wäre es mit einer Taktik-Kampagne, in der man immer nur wenige Einheiten hat, wie im Yuriko-Feldzug aber mit noch mehr Spezialfähigkeiten, deren Kombination zum Sieg führt. Das wäre sicher eine interessante Herausforderung.
Die Zwischensequenzen
Die Videosequenzen gefielen mir leider ebenfalls nicht so richtig. Ich fand es genauer gesagt erschreckend, wie belanglos ich sie zwischenzeitig fand, der früher Videos des legendären Yuris Rache wieder und wieder angesehen hat. Hier wirkten sie eher, wie zwischen die Einsätze geklemmt, um diese irgendwie in Verbindung zu bringen. Sorry EA, ich will jetzt kein Fan sein, der meint, früher sei immer alles besser gewesen, aber im Bezug auf die Videos stimmt es leider wirklich. Die Wahl der Schauspieler fand ich gar nicht mal das schlimmste. Ob es nun wirklich immer „aufs wesentliche“ reduzierte Frauen sein müssen, kann man sich schon fragen. In Tiberiumkonflikt gab es im Abspann auch bereits eine Nachrichtensprecherin mit einem großen Decolté, wenn das wohl auch als Scherz zu verstehen war. Mich hat es nie sonderlich gestört und auch nie besonders gefreut. Problematisch ist in diesem Falle ja eher, dass die Charaktere in Der Aufstand dermaßen farblos bleiben, dass man sowieso keine Begehrlichkeiten für die zahlreichen Frauen, die man in den Sequenzen so zu sehen bekommt, entwickeln kann. Von daher würde es vermutlich nicht einmal auffallen, wenn es weg wäre. Gegen die mehr oder weniger bekannten Namen der Schauspieler lässt sich eigentlich auch nichts sagen, in Tiberian Sun gab es die auch schon und jemand anders als Udo Kier hätte Yuri in Alarmstufe Rot 2 nicht spielen können. Die Rolle bot aber auch viel. Die jetzigen Charaktere eher weniger. Ich kann eigentlich nur appellieren: EA, eure Schauspieler sind ja toll, aber bitte, bitte spart nicht am falschen Ende und besorgt euch doch auch mal einen gescheiten Drehbuch-Autoren. Ich möchte ja nicht sagen, dass alles schlecht war. Commander Giles mit seiner latenten Arroganz etwa fand ich eigentlich sehr witzig. Hätte man das nicht weiter ausbauen können?
Die Commanders Challenge
Sehr gut gefallen hat mir hingegen die Commanders Challenge. Man löst hier ein altbekanntes Problem: Wie hält man jemanden, der dem Einzelspieler-Modus eher geneigt ist, als dem Online-Gaming, eigentlich bei der Stange. Oft liegen die Spiele nach der Kampagne ja bereits wieder in der Ecke. Gefechte gegen die KI verlaufen in der Regel viel zu gleichartig, um dauerhaft unterhalten zu können und ich persönlich kann nur sagen, dass ich darauf keine Lust mehr habe. Ich komme alleine in Generals bestimmt auf über 400 Gefechte, von Yuris Rache oder auch Age of Empires 1 mal ganz zu schweigen. Die Commanders Challenge schafft es aber jetzt schon seit einigen Tagen, mich zum weiterspielen zu bewegen. Zwar sind es auch nur Gefechtskarten auf denen die Schlachten von statten gehen und das Scripting ist längst nicht so spannend, wie eine echte Mission, doch finde ich es immer wieder nett, etwa mal ein Kampf gegen etliche Yurikos bestehen zu müssen. Man lernt so Stärken und Schwächen einiger Einheiten auch viel besser kennen, als in der Kampagne.
Mein einziger Kritikpunkt ist wohl, dass bei der Freischaltung von Einheiten die Sowjets am Anfang doch sehr gebremst werden. Haben die Alliierten schon sehr früh ihre beiden mächtigen Schiffe zur Verfügung, kämpfen die Russen noch sehr lange mit ihren wenigen Grundeinheiten. Das war es aber auch schon. Denn schön ist wirklich, dass die Commanders Challenge auch sehr umfangreich ist und dennoch jede Mission mit kleinen Filmsequenzen beginnt und endet. Die Zeitlimits, die man erfüllen kann, aber nicht muss, schaffen einen zusätzlichen Anreiz, es noch mal zu versuchen, wenn es nicht geklappt hat oder dafür notwendige Einheiten noch nicht frei geschaltet waren. Fast schon eine Kränkung stellt da ein kleiner Bug da, durch den man angezeigt bekommt, für eine Mission 99:59 Minuten gebraucht zu haben. Ich weiß ja, dass beim Spielen die Zeit für gewöhnlich schneller vergeht, als bei anderen Tätigkeiten, doch meine lieben Entwickler: Ich Profi-General brauche doch nicht so lange!
Fazit
Trotz der mauen Videosequenzen und der Yuriko-Kampagne kann ich eigentlich nur eine sehr gute Bilanz ziehen. Die Strategie-Kampagnen haben mir sehr gefallen, auch als ich sie für die Komplettlösung noch ein zweites Mal durchgespielt habe. Sie enthalten witzige Ideen und sind endlich mal wieder herausfordernd gestaltet. Die Commander’s Challenge beschäftigt auch Solisten, die unter den C&C-Fans die Mehrheit bilden, auf Dauer. Dass die neuen Einheiten dabei bisweilen etwas übermächtig sind, stört mich da nicht weiter. Auch zeigt man mit dem Add-On gleich eine neue Möglichkeit des Online-Vertriebs aus: Man kann ein Add-On bieten, dass nicht an alle Spieler gerichtet sein muss, da die Vertriebskosten geringer sind. So könnte es demnächst ja auch ein reines Mehrspieler-Add-On geben. Da könnte man sich dann mehr um die Interessen von Profispielern kümmern, die die Kampagne sowieso nicht spielen. Ich hatte nämlich den leisen Eindruck, dass es „Der Aufstand“ auch ganz gut getan hat, dass man nicht immer das Balancing im Auge behalten musste, sondern sich um das Missionsdesign kümmern konnte. Und 20 € sind nun wirklich nicht viel, bedenkt man, dass manches Vollpreisspiel weniger bietet. Ich kann euch also nur raten: Gebt dem Add-On eine Chance, als Fan kann man nicht viel falsch machen. Möglicherweise kann sich EA ja irgendwann doch noch überwinden, die Erweiterung auf eine Scheibe zu pressen. Wer weiß…