Zunächst einmal sorry für die späte Antwort. Hatte wenig Zeit. Dafür wird sie nun „etwas“ ausführlicher als geplant
Worum es mir im Kern geht, Mixery, ist Aktivität. Denn C&C hat schon sehr lange ein Aktivitätsproblem, welches ich als das zentrale Problem überhaupt von CnC betrachte. Es ist schon bezeichnend, dass sogar hier im UF, dem derzeit größten und „aktivsten“ deutschsprachigen C&C-Forum, kaum noch jemand einen CnC-Titel aktiv online spielt. Oder mit anderen Worten: Eigentlich könnte man das „Command & Conquer“ auch aus dem Header streichen.
Warum gibt es diese alles umspannende Aktivitätsproblematik bei C&C? Unter anderem in "meinem" Topic „
Warum freut sich keiner auf den Generals 2 Multiplayer?“ hatte ich relativ ausführlich dargelegt, was ich als Grundursache für dieses Aktivitätsproblem erachte: Nämlich die Tatsache, dass der Multiplayer der letzten C&C-Titel nicht erfolgreich gewesen ist. Das ist ja auch logisch, denn wie sollte der Singleplayer großartig Aktivität generieren können?
Ich möchte an dieser Stelle anfügen, dass ich nichts gegen einen sehr guten SP habe. Mir ist durchaus bewusst, dass dieser für viele das entscheidende Kaufargument darstellt und eine wichtige Türöffnerfunktion haben kann (und auch noch andere Funktionen). Das wiederum ist aber auch das Problem: Es wäre besser, C&C wäre als starker Multiplayer-Titel in den Köpfen und Erwartungen der Leute verankert. Wenn eine große Mehrheit mit C&C hauptabesächlich den SP assoziiert, bedeutet dies ja nicht, dass sie dies auch gut finden. Vielleicht spielen sie den C&C-SP durch und wenden sich darauf wieder dem SC2-MP oder LoL zu, wo ihre Wurzeln, z.B. via Clans, viel stärker verankert sind? Außerdem ist es auch möglich (und sehr wichtig!), einen Spieler weiterzuentwickeln und seine Interessen für den MP zu wecken – ihn regelrecht zu fesseln! Optimal (aber erfahrungsgemäß illusorisch) wäre es, einen erstklassigen SP
und MP zu bekommen.
Warum ist mangelnde Aktivität das zentrale Problem von C&C? Der Multiplayer birgt unglaublich viele Potenziale, einen Spieler dazu zu bringen, sich über einen sehr langen Zeitraum sehr intensiv auf vielen verschiedenen Ebenen mit dem Produkt auseinanderzusetzen. Die Marketingheinis würden von der „Wirkungskette des Kundenerfolgs/Markterfolgs“ sprechen: (1) Kundennähe (über den MP lernt man seine Kunden sehr gut kennen, kann sie beobachten und beeinflussen), (2) Kundenzufriedenheit (am besten auf einem Niveau, das automatisch zu Kundenloyalität/-treue führt) und letztlich, und das sollte immer das Ziel sein, Kundenbindung. Die Quintessenz: Der Multiplayer verfügt über sehr starke Zufriedenheits- und Bindungskräfte, die es auszunutzen gilt und die man im Sinne eines langfristigen, nachhaltigen Markterfolges nicht vernachlässigen darf. Der Spieler muss in einem C&C im wahrsten Sinne des Wortes Wurzeln schlagen.
Dies Alles hat während der letzten Jahre mit der großen Anzahl an (neuen) C&C-Spielen nicht stattgefunden und wurde dafür von der Konkurrenz vielfach sehr gut umgesetzt. Bei dieser haben Clans, große Turniere, Modding-Begeisterte, Nerds aller Art nun ihre Zelte aufgeschlagen. Das hat von Spiel zu Spiel natürlich erheblich an Image und Marke gekratzt und jedes Mal Spuren hinterlassen.
Die Verkaufszahlen von C&C gingen sukzessive zurück. Tiberian Twillight war da nur die Spitze des Eisberges und vielleicht auch nur der Versuch, die „Cash Cow“ C&C ordentlich zu Melken und Abzuschöpfen.
Was bedeutet Aktivität? Der Begriff der Aktivität ist für mich sehr stark mit der Möglichkeit der (Weiter)Entwicklung verknüpft. Die Grundannahme, von der ich im Folgenden ausgehen möchte, ist: Je länger ein Spieler auf einer bestimmten Stufe verharrt und keine Entwicklung mehr vollzieht, desto wahrscheinlicher ist es, dass er seine Aktivität zurückfährt, bis diese irgendwann völlig zusammenbricht und er somit auch kein (aktiver) Spieler mehr ist (er steigt von der Entwicklungsleiter sozusagen wieder herunter bzw. scheidet aus). Man könnte auch vereinfachend sagen: Ein Spiel muss interessant und spannend bleiben! Eine Beziehung darf nicht „einschlafen“! Ferner möchte ich von der Annahme ausgehen, dass eine höhere Entwicklungsstufe oftmals mit einer zunehmenden Aktivität und Kundenbindung verknüpft ist: Für jemanden, der einmal viel in ein Spiel (= in eine Beziehung) investiert hat, ist es „teuer“ und schwieriger wieder auszusteigen.
Wie kann im Rahmen des Multiplayers nun dauerhaft und langfristig Aktivität generiert werden? Der Königsweg ist hier meiner Meinung nach der Fokus auf den alles umspannenden Wettbewerbsgedanken. Es ist völlig egal, ob jemand ein Newb ist, der gerade den Singleplayer durchspielt, oder ob wir einen Progamer ins Auge fassen, der seinen Lebensunterhalt mit dem Spielen bestreitet, beide haben (zu 99%) mindestens eine Gemeinsamkeit: Sie wollen gewinnen! Niemand will verlieren! Egal ob jemand no rush 10 Minuten, irgendeinen Mod oder ein Turniermatch spielt, der Erfolg oder Misserfolg am Ende einer Partie hat eine zentrale Bedeutung und wirkt sich aus. Oft dienen bestimmte Sonderregeln (no rush) sogar auch (nicht nur) dazu, die Erfolgswahrscheinlichkeit zu erhöhen oder einen Misserfolg hinauszuzögern. Letztlich muss es also sehr stark darum gehen, den Leuten Erfolgserlebnisse zu verschaffen und sie zu motivieren, in irgendeiner Form am Ball zu bleiben.
Gibt es gute und schlechte Aktivität? Mir ist es an dieser Stelle auch vollkommen egal, Mixery, ob Aktivität konkret nun bedeutet, dass jemand schlecht spielt, dass er nur Mods oder Custom-Maps spielt, dass jemand nur no rush spielt, dass jemand hauptsächlich Maps oder Mods bastelt, dass jemand eine Fansite betreut, dass jemand eine LAN-Party veranstaltet, dass jemand eine Clan-Website betreut oder im Teamspeak für gute Stimmung sorgt. Wichtig ist für mich nur, dass ständig „Leben in der Bude ist“ und die Rahmenbedingungen so gesetzt sind, dass sich dieses entfalten kann. Das Rad muss sich immer weiter drehen! Und es ist möglich, unterschiedliche Entwicklungspfade einzuschlagen! Nicht jeder kann/muss/sollte ein Progamer werden! Insofern habe ich mit den Beispielen, die du in deinen Posts formuliert hast, auch keinen Dissens.
Ich möchte lediglich noch einen Punkt zu dem ergänzen, was Mooff dir völlig richtig geantwortet hat: Es ist absolut notwendig, dass eine klare Vorstellung (ein Konzept) darüber besteht, wie ein Spiel gespielt werden soll. Das heisst nicht, dass schon bei der Entwicklung eines Spiels exakte Kenntnis darüber besteht, mit welchen exakten Einheitenkombinationen, Timings und dem Ausschöpfen von Micro-Potenzialen in x Jahren ein Spiel bestritten wird. Denn das ist, insbesondere für ein sehr komplexes, tiefgehendes und abwechslungsreiches Spielvergnügen, wie wir es fordern, völlig unmöglich vorherzusagen. Es geht vielmehr um abstrakte Leitlinien, die abgesteckt werden müssen. Um einen Rahmen, den es (immer wieder neu = Support) zu setzen gilt. Und da kann ich dir nur sagen: Ich will kein Turtle-Spiel, oder um Mooff zu zitieren:
Mooff said:
Bunkerei, insbesondere die von dir beschriebene hat im Prolevel nichts verloren, denn sie erfordert sehr wenig Können. Da zwei, drei Imba-Abwehrwaffen hinklatschen, dann Imba-Auroras bauen um danach auf den Timer der Superwaffen zu warten... musst du wirklich fragen ob das im nächsten Spiel enthalten sein soll?
Genausowenig wie man die Balance für jeden Spielmodi (1vs1, 2vs2 etc.) ohne Priorisierung (z.B. Priorität für 1vs1) pflegen kann, kann man die Balance für jedes Skill-Level individuell anpassen oder im größeren Rahmen gedacht jedem Spieler sein eigenes Spiel zur Verfügung stellen. Es braucht immer eine klare Grundorientierung und Ziele, an denen man sein Tun ausrichten kann. Allerdings möchte ich dem abschließend hinzufügen, dass dies keinesfalls in dem Sinne missverstanden werden darf, dass die Belange von Neueinsteigern keine Rolle spielen würden: Es braucht Einsteigerfreundlichkeit (z.B. auch im Automatch, wo man als Newb nicht direkt auf die Besten der Besten treffen sollte) und die Maxime sollte möglichst lauten: Easy to learn, hard to master.