Ein Beispiel, das sich vor wenigen Tagen in Südfrankreich ereignet hat:
http://www.wienerzeitung.at/meinungen/kommentare/222296_Eine-Baskin-namens-Martin.html
Eine Menschenmenge verhindert die Verhaftung und Auslieferung einer Lokalpolitikerin nach Spanien, indem sie den Beamten den Weg versperrt. Das Ziel die Abschiebung zu verhindern kann man in diesem Fall wohl recht eindeutig als politisch bezeichnen. Die Polizisten, welche die Politikerin abführen wollen, sollen durch die schiere Größe der den Weg versperrenden Menschenmenge sowie mit das Risiko einer Eskalation eingeschüchtert werden, was vorerst ja auch gelingt. Die Polizei zieht schließlich unverrichteter Dinge ab.
Wenn man, wie du in deinem Posting, das Gefahrenpotential der verwendeten Mittel außen vor lässt, dann könnte man das was die Menschenmenge dort tut als Terrorismus bezeichnen, auch wenn niemandem auch nur ein Haar gekrümmt wird.
Man kann das, was die Menschen dort taten nun gut finden oder nicht, aber für mich ist das kein Terrorismus und auch nicht der Versuch davon.
Tut mir leid, aber ähnlich wie deine Vergleiche vorher versteifst du dich wieder auf ein Detail und lässt den Großteil von dem, was viele hier eben als Kriterien für ein pseudo-"terroristisches" Verhalten ansehen, außer Acht.
Die Aktion war
defensiv, nicht
aggressiv. Die Parallele zu Anonymus wäre das Besetzen
aller Polizeistationen, stattdessen fokussiert man sich tatsächlich auf den Schutz des Ziels.
Ziel und Methoden waren konkret, nicht diffus. Während Anonymus eine konstante Bedrohungssituation ("Angstklima") erschaffen will, durch Drohungen und unvorhersehbare Attacken, ist die Aktion hier sowohl räumlich als auch zeitlich zwangsläufig an die Polizeiaktionen gebunden. Während Anonymus von sich aus agiert, wurde hier reagiert.
Das Verhalten ist moralisch gerechtfertigt bzw. sinnig, nicht eindimensional und austauschbar. Anonymus hat nicht mal die Zustimmung der Leute, für die sie angeblich kämpfen, während es im Fall Martin auch um die erste Auslieferung einer französischen Staatsbürgerin an eine fremde Justiz geht.
Das Ziel ist tatsächlich erreichbar, nicht eine diffuse Null-Forderung. Die Martin-Aktivisten hatten allen Grund zur Annahme, dass sie ihr Ziel erreichen (wie sich ja auch erstmal bestätigt hat). Anonymus hingegen stellt unrealistische Forderungen, sowohl was Umsetzbarkeit als auch schlicht Konkretheit betrifft, und schafft damit bereits die Vorlage, bei der erwartbaren Nichterfüllung ihrer Forderungen "gerechtfertigte" Bestrafungen vorzunehmen.
Es trat eine Ansammlungen von Individuen auf, nicht eine Gruppe von austauschbaren Mitgliedern. Anonymus identifiziert sich bereits direkt als
Gruppe, Mitglieder sind nur das, ausführende Organe im Namen der Gruppe, ansonsten eben, wie der Name schon sagt, anonym - unbedeutend, austauschbar, unangreifbar und im Zweifelsfall dann doch entbehrlich. Die Martin-Aktivisten waren hingegen alle direkt greifbar (eben physisch anwesend), die meisten wohl auch identifizierbar, und was die Organisation betrifft: entweder sie sind tatsächlich
nicht "für" eine Organisation eingetreten, oder eben für die ETA - also doch Terroristen.