Wir haben es bei diesen und vorherigen Informationen nicht nur mit Lästereien zu tuen, sondern Ausszüge aus vertraulichen Gesprächen, insbesondere wichtig der ganze Nah Ost Bereich, als auch der Korea Konflikt, wo die letzte Eskalation der Lage ja nun nicht wirklich lange her ist. Ich scheint das es nur wenigen bewusst ist, wie nahe beide Seiten vor einer bewaffneten Auseinandersetzung stehen. Und da sind u.a. Veröffentlichungen von geheimen Unterredeungen wie etwa mit Vertretern der Volksrepublik China und deren Verhältniss zu Kims Kindergarten sehr schädlich. Ebenso wie ich bereits erwähnte, das veröffentlichen von Berichten der Informanten etwa im Irak oder Afghanistan, gefährdet das Leben dieser im Hohen Maße und verbaut den Zugang zu weiteren Informaten. Äußerst naiv empfinde ich auch die Annahme das Berichte über erfolgte Millitäreinsätze keinerlei wertvolle Informationen enthalten, dem ist natürlich nicht so.
Was mögliche kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den beiden Koreas betrifft hat das wohl eher damit zu tun, dass beide Seiten sich nicht gerade besonders gut auf Deeskalation verstehen. Irgendwelche veröffentlichten Unterredungen könnten allenfalls als ein Vorwand dienen, aber wer unbedingt Krieg will findet dazu immer einen Aufhänger, Wikileaks hin oder her.
Es ist nett auch das "Blut an den Händen"-Argument wieder zusehen. Die Tötung von irgendwem aufgrund der Leaks ist zwar auch über ein halbes Jahr nach den Irak- und Monate nach den Afghanistan-Veröffentlichungen bisher anscheinend nicht passiert. Dies ist aber ganz bestimmt nur auf eine Mischung aus purem Glück und Kompetenz der Personenschützer zurückzuführen und
rein gar nichts damit, dass dieses Argument von vornherein Blödsinn war. Ja, aber sicher doch!
Wenn man solche Informationen zugespielt bekommt, wäre der erste logische Gedanke sich an die Behörden zu wenden. Die haben dann auch die Möglichkeit zu überprüfen ob es sich wirklich um illegale Vorgänge handelt und dann bekommt die Öffentlichkeit schon früh genug etwas mit.
Die Presse soll im vorauseilenden Gehorsam also nur Sachen veröffentlichen dürfen, die der Regierung genehm sind? Tolle Einstellung zur Pressefreiheit ist das, damit wird sie im Endeffekt begraben. Watergate, die Pentagon-Papiere, Celler Loch...das alles wäre wohl nie öffentlich geworden, wenn man sich vorher grünes Licht von den Behörden hätte holen müssen. Hoffentlich bleibt dieses Land für alle Zeit von Verfassungsrichtern mit dieser Denke verschont!
Mal abgesehen davon, dass das Melden an die Behörden in dem Fall so logisch gar nicht ist, denn schon allein die Tatsache, dass
dir der Kram in die Hände gefallen ist kann dir im Zweifelsfall eine Menge Ärger bescheren. Behörden haben im Normalfall kein Interesse daran, dass vertrauliche Dokumente an die Öffentlichkeit gelangen, egal wie unspektakulär der Inhalt auch sein mag (> Gesichtsverlust). Es ist schon sehr naiv anzunehmen die würden dir beim aussieben helfen und du kannst den Rest dann veröffentlichen, ohne Probleme zu bekommen.
Logischer wäre es da eher...
a) die Dokumente schnellstmöglich zu vernichten/loszuwerden um keinen Ärger zu bekommen oder
b) sich an die Presse zu wenden, wobei du auch dank der in den letzten Jahren deutlich ausgebauten Sicherheits- und Überwachungsgesetze nicht sicher sein kannst, dass du als Informant auch wirklich anonym bleibst oder
c) den Kram auf Internetplattformen wie Wikileaks oder Cryptome hochladen, wobei es da (im Gegensatz etwa zum Telefon) noch recht einfach ist deine Anonymität zu gewährleisten.
Wer also vor allem keinen Ärger möchte würde wohl Möglichkeit a) wählen. Wer den Kram ans Licht bringen möchte geht mit c) das geringste Risiko ein. Wer allerdings ein die Grenze zur Naivität überschreitendes Vertrauen an die Gutmütigkeit der Behörden hat, wird dort persönlich mit den Dokumenten vorstellig.
Wie baracuda bereits angedeutet hat, lenkt die Verteufelung von Wikileaks auch vom eigentlichen Problem ab: Mitarbeiter in den eigenen Reihen, die unsachgemäß mit vertraulichen Dokumenten umgehen und diese an Unbefugte weitergeben. Das Kind ist schon in den Brunnen gefallen, lange bevor der Kram bei Wikileaks überhaupt eintraf.
Aller Brachialrhetorik diverser Politiker zum Trotz, hat WL mit den Veröffentlichungen warscheinlich keine Gesetze gebrochen. Bei juristischen Schritten gegen die Plattform würde sich der Staat wohl genauso eine blutige Nase holen wie wenn er das mit der New York Times oder dem Spiegel wegen "Geheimnisverrat" o ä. versuchen würde. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würden die Richter zu dem Schluss kommen, dass WL's Tätigkeit von der Pressefreiheit gedeckt ist.
Wenn also ein Staat oder eine Behörde verhindern möchte, dass Peinlichkeiten über ihn an die Öffentlichkeit gelangen, sollte er intern entsprechende Sicherheitsvorkehrungen treffen um Whistleblowing zu verhindern und/oder so agieren, dass die Veröffentlichung seines Handelns ihm nicht unangenehm sein muss.