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In diesem Text beschreibe ich die Agoraphobie wie sie bei mir ausgeprägt ist und welche Einschränkungen und Probleme ich damit habe.
Ich hatte schon länger vor den Text öffentlich zu machen aus 3 Gründen:
Der erste Grund ist das ich die Phobie anderen Menschen die keine (Agora)Phobie haben näher bringen möchte.
Der 2. Grund ist das ich immer noch andere Menschen suche die diese Phobie auch haben um sich auszutauschen. Es würde über das Forum halt die Chancen vergrößern. Ich kenne bislang nur einen Menschen der das auch hat, aber diese Person ist extrem schüchtern was die Phobie angeht (was ich auch verstehen kann und respektiere)
An sich hab ich keine Probleme damit mit Leuten über die Phobie zu reden aber es ist doch ein viel größerer Schritt das online zu machen.
Aber da ich weiterhin an der Phobie arbeite scheint mir dieser Schritt nötig zu sein bzw. erhoffe ich mir hier einfach etwas davon.
Selbst wenn es nichts bringt war es den Versuch wert. Hängt auch damit zusammen das ich am 08.10.2019 meine letzte große Panikattacke hatte (Auslöser war hier ein extremer Alptraum mit triggerndern Situationen) was hiermit auch der 3. Grund ist das zu posten.
Bei jedem der die Krankheit hat ist sie anders ausgeprägt. Mögliche Symptome und eine grobe Übersicht ist auf https://de.wikipedia.org/wiki/Agoraphobie zu finden.
Die Klassifikation nach ICD – 10 lautet F40.01 Agoraphobie mit Panikstörung in meinem Fall. Ohne Panikstörung wäre 40.0.
Vorgeschichte:
Angefangen hat es vermutlich in der ersten Klasse der Grundschule wo ich leider oft gemobbt worden bin hin das man mir auf dem Heimweg aufgelauert hat wo es dann weiter ging.
Ich fühlte mich damals schon sehr allein gelassen.
Danach blieb alles erstmal ruhig, durch die Realschule durch bis durch beide Lehren als Klempner und Elektriker. Danach war ich ca. 3 Monate als Gebäudetechniker unterwegs wo ich langsam merkte das was nicht stimmt.
Jeden Tag auf eine andere Baustelle mit neuen Kunden / Orten sorgten dafür das ich mich unwohl fühlte und ich wusste nicht warum.
Dann gab es eine Baustelle wo es ein wenig eskalierte. Ich war extrem nervös, hab mich mehrfach beim Ablängen von Rohren vermessen und schließlich durch einen Denkfehler eine Überschwemmung im Keller des Kunden verursacht. Nach diesem Vorfall haben der Chef und ich uns (nach einem ausführlichen Gespräch) einvernehmlich voneinander getrennt, da ich dem guten Ruf der Firma nicht schaden wollte und natürlich auch nicht in dieser Verfassung brauchbar war für die Firma.
Danach wurde alles schlimmer. Ich wurde gezwungen durch das Jobcenter…ähh das Sanktionscenter Zeitarbeit anzunehmen was die Symptome der Phobie verstärkt hat.
In der 3. Zeitarbeitsfirma (ich glaub das war so im Jahr 2010 glaub ich, ich weiß es nicht mehr wirklich will es aber auch nicht mehr genau wissen) am ersten Tag eskalierte die Situation dann endgültig:
Es fing morgens um 06:00 Uhr an nachdem ich einen Parkplatz suchte am Saturn in Wuppertal Elberfeld. Zu dem Zeitpunkt wurde er grad im Rohbau fertig gestellt.
Ich fragte die Müllabfuhr die grad vor Ort war wo man den kostenfrei parken könnte.
Diese lachte mich aus und meinte das um diese Uhrzeit so gut wie keine kostenfreie Parkmöglichkeit mehr gäbe. Ich habe den letzten freien Platz auf einem Berg bekommen 900m von der Baustelle entfernt außer Sichtweite. Somit war das einzige was mir vertraut war nicht in meiner Nähe. In der großen Stadt fühlte ich mich generell schon fremd und allein gelassen. Ich machte mich dann auf zur Baustelle mit ca. 15 KG am Arm (Werkzeugkiste), Rucksack und Arbeitskleidung. Arbeitsbeginn wäre am um 07:30 Uhr gewesen. Um 07:30 Uhr wollte ich auf die Baustelle aber man ließ mich nicht. Keiner sprach deutsch, meine Kontaktperson die mich in Empfang nehmen sollte war nicht vor Ort und die Nummer die man mir von der Person gab war nicht vergeben. In diesem Moment war es als ob eine Sicherung in meinem Kopf ausgelöst hätte. Ich bekam blanke Panik… Es war so als würden die Betonsäulen des Rohbaus bersten und das gesamte Gebäude auf mich einstürzen.
Ich nahm mein Werkzeug und rannte zu meinem Auto zurück. Vermutlich über rote Ampeln ich kann mich nicht mehr richtig daran erinnern. Ich erinnere mich erst wieder das ich ca. 15 Meter hinter meinem Auto zusammen gebrochen bin da aufgrund meines Asthmas.
Ich hatte zum Glück mein Spray dabei. Nachdem ich einigermaßen wieder Luft bekam warf ich alles Werkzeug ins Auto und aktivierte die Zentralverriegelung. Danach bekam ich einen Heulkrampf und dachte mir nur was zur Hölle stimmt mit mir nicht was ist los. Ich wollte nur noch Weg von da und raste deswegen Richtung Heimat. Zuhause angekommen fasste ich den Entschluss eine Therapie zu machen um rauszufinden was mit mir nicht stimmt.
Im Laufe der Therapie bei der 3. Sitzung meine ich war es gewesen sagte mir mein Therapeut dann die Diagnose F40.01 Agoraphobie mit Panikstörung.
In meinem Fall äußert sich das mit folgenden Dingen:
- Angst vor langen Reisen nach fremden Orten
- Angst vor dem alleine Reisen
- Angst vor Großstädten
- Angst vor ständig wechselnden Situationen
- Angst vor zu großen Menschenmassen auf engem Raum
Im Zuge der eigentlichen Therapie habe ich zusätzlich eine freiwillige Angstkonfrontationstherapie gemacht die 3 Schritte umfasste. Im ersten Schritt musste ich mir die Situation in Wuppertal noch einmal vorstellen dort hin zu gehen mit allen Schritten und dabei aufschreiben was ich fühle mit dem was ich bislang in der Therapie gelernt habe. Im zweiten Schritt musste ich noch mal nach Wuppertal mit meinen besten Freunden und alle Schritte durchgehen und auch wieder alles aufschreiben. Im 3. Schritt musste ich ein letztes Mal dorthin allerdings alleine.
Mein Auto hatte nach dem 3. Schritt die Idee einen 4. Schritt hinzuzufügen.
Auf der Hauptkreuzung in Elberfeld riss mir das Kupplungsseil…
Zum Glück war mein Auto über den ADAC abgesichert sodass ich wieder nach Hause konnte.
Was ich in der Therapie gelernt habe:
Ich habe mir in der Therapie als auch nach der Therapie einige sogenannte Ankerpunkte errichtet, diese dienen dazu die Panik in einer triggernden Situation zu unterdrücken oder zumindest zu vermindern. Komplett weg geht die Phobie in meinem Fall leider nicht. Bei einigen anderen ging das wohl. Das ist halt bei jedem unterschiedlich.
Erster Ankerpunkt: Mein Auto – Es ist meine mobile Heimat, etwas vertrautes was mich beschützt und jederzeit von einem (fremden) Ort wieder zu meiner Heimat bzw. in die vertraute Umgebung meiner Heimat bringt. Vertraute Umgebung erstreckt sich in meinem Fall über alle Städte und Wege die ich ohne Navi fahren kann. Der erste Punkt ist somit auch der wichtigste Punkt aller Punkte. Daher habe ich auch eine andere Beziehung zu meinem Auto, es ist wie ein Familienmitglied daher behalte ich es bis das der TÜV uns scheidet.
Das verstehen viele nicht warum ich soviel Geld in den Erhalt des Autos investiere dies ist der Grund dafür. Ein neues Auto wäre wieder eine neue Situation die ich so lang wie möglich versuche zu vermeiden. Es ist für mich auch unheimlich wichtig das mein Auto, wenn ich an einem fremden Ort bin, immer in meiner Nähe steht zum Beispiel vor oder hinter dem Gebäude in dem ich mich gerade befinde. Solange ich mein Auto durch zb. Ein Fenster oder so sehen kann fühle ich mich bedingt wohl.
Zweiter Ankerpunkt: Mein Navi – Es leitet mich immer sicher in meine bekannte Umgebung. Deswegen fahre ich auch immer mit 2 Navis, eins bleibt als Reserve immer mit dabei falls das erste ausfallen sollte. Über Handy kann ich bedingt ein 3. Navi realisieren.
Dritter Ankerpunkt: Der ADAC – Ich habe eine Plus Mitgliedschaft damit ich auch den sogenannten Pickup Service in Anspruch nehmen kann. Das heißt wenn das Auto vor Ort nicht mehr instand zu setzen ist bei einer Panne wird das Auto samt Fahrer zu seinem Wunschort gebracht. Dies ist auch bereits einmal der Fall gewesen und es gibt mir unendliche Sicherheit falls der erste Ankerpunkt ausfallen sollte.
Vierter Ankerpunkt: Meine Wohnung – Mein Schloss, mein Bunker mein Hauptstützpunkt.
Hier gelten alleine meine Regeln und hier fühle ich mich am wohlsten. In der schlimmsten Form der Agoraphobie, die ich zum Glück nicht habe, kann man seine Wohnung nicht mehr verlassen. Die einzige Person die ich noch kenne kann wohl maximal bis zu ihren Stadtgrenzen fahren.
Fünfter Ankerpunkt: Meine wahren Freunde – Die meine Phobie verstehen und mich dahingehend unterstützen. Wenn ich mit Freunden wegfahre, und nicht selbst mit meinem Auto fahre sondern mitgenommen werde erfordert dies das maximalste Vertrauen was ich in Freunden haben kann. Dies haben nur sehr wenige. Dies setzt voraus dass wenn ich Panik bekomme oder mir unwohl wird, das man mich wieder zu meinem Auto bringt ohne das ich darum flehen muss oder mir dies verweigert wird.
Trotz dieser Ankerpunkte gibt es Grenzen die ich nicht überschreiten kann. Die Grenzen von Deutschland sind gleichzeitig meine maximalen Reisegrenzen.
Großtädte versuche ich nach wie vor zu vermeiden. Allein Berlin wäre ein extremer Alptraum für mich zu fahren bei bis zu 6 Spuren in der Stadt und auch entsprechend große Kreisverkehre.
Jobtechnisch war die einzige wirksame Lösung eine Stelle zu finden die in meiner Heimat Umgebung liegt und die einen festen Gebäudekomplex beinhaltet, keine wechselnden Einsatzorte. Dies ist glücklicherweise seit 01.08.2011 der Fall. Ich versuche diese Stelle auch bis zur Rente zu halten mit allen Mitteln.
Wenn ich an neue fremde Orte fahre baue ich mir als erstes ein Sicherheitsnetz auf.
1. Die genaue Adresse herausfinden mit Postleitzahl, Adresszusatz etc.
2. Die Adresse auf einer Routenseite eingeben um die Entfernung und die ungefähre Reisedauer zu ermitteln da ich immer ca. 1 Stunde Probleme mit einkalkuliere.
3. Auf der Routenseite ein Satellitenbild anfordern um ein Bild von der Umgebung zu bekommen
4. Ggf. weitere Bilder durch Kontaktpersonen oder Internetseiten wenn verfügbar holen.
5. Vorbereitungen für die Fahrt treffen damit an dem Tag alles bereit ist (Tank voll, Reservetank voll, Navi(s) an Bord, Genug Geld dabei für alle Fälle, Fahrzeugcheck etc.
Weitere Auswirkungen im sozialem Umfeld
Gibt es viele, hier alle die mir grad spontan einfallen:
Wenn ich bei Jemanden zu Gast bist oder zusammen im Restaurant etc. setze ich mich meistens unbewußt immer an einem Rand des Tisches bzw. in der Nähe zum schnellsten Fluchtweg
Ab und an kommt es vor das ich den Zwang hab nach meinem Auto zu sehen ob es noch da steht und alles ok ist
Wenn ich bei Freunden bin kommt leider relativ schnell aufgrund der Phobie ein sehr starkes Heimweh auf. Je höher die Distanz zur Heimat desto eher kommt dies.
Weitere Nachteile sind leider auch soziale Dinge. Auf Partys fühle ich mich nur eine Weile wohl. Irgendwann fühle ich mich irgendwie als 5. Rad am Wagen. Das verstärkt sich wenn ich keinen da hab (den ich kenne) mit dem ich über Themen reden kann die mich auch interessieren bzw. mitreden kann
Ansonsten wenn ihr irgendwelche Fragen habt stellt sie gerne.
Und falls den Thread hier Jemand über zb. Google/Bing oder sonst was gefunden hat und auch Agoraphobie hat und sich austauschen will melde dich gern hier an und schreib in diesen Thread.
Ich hatte schon länger vor den Text öffentlich zu machen aus 3 Gründen:
Der erste Grund ist das ich die Phobie anderen Menschen die keine (Agora)Phobie haben näher bringen möchte.
Der 2. Grund ist das ich immer noch andere Menschen suche die diese Phobie auch haben um sich auszutauschen. Es würde über das Forum halt die Chancen vergrößern. Ich kenne bislang nur einen Menschen der das auch hat, aber diese Person ist extrem schüchtern was die Phobie angeht (was ich auch verstehen kann und respektiere)
An sich hab ich keine Probleme damit mit Leuten über die Phobie zu reden aber es ist doch ein viel größerer Schritt das online zu machen.
Aber da ich weiterhin an der Phobie arbeite scheint mir dieser Schritt nötig zu sein bzw. erhoffe ich mir hier einfach etwas davon.
Selbst wenn es nichts bringt war es den Versuch wert. Hängt auch damit zusammen das ich am 08.10.2019 meine letzte große Panikattacke hatte (Auslöser war hier ein extremer Alptraum mit triggerndern Situationen) was hiermit auch der 3. Grund ist das zu posten.
Bei jedem der die Krankheit hat ist sie anders ausgeprägt. Mögliche Symptome und eine grobe Übersicht ist auf https://de.wikipedia.org/wiki/Agoraphobie zu finden.
Die Klassifikation nach ICD – 10 lautet F40.01 Agoraphobie mit Panikstörung in meinem Fall. Ohne Panikstörung wäre 40.0.
Vorgeschichte:
Angefangen hat es vermutlich in der ersten Klasse der Grundschule wo ich leider oft gemobbt worden bin hin das man mir auf dem Heimweg aufgelauert hat wo es dann weiter ging.
Ich fühlte mich damals schon sehr allein gelassen.
Danach blieb alles erstmal ruhig, durch die Realschule durch bis durch beide Lehren als Klempner und Elektriker. Danach war ich ca. 3 Monate als Gebäudetechniker unterwegs wo ich langsam merkte das was nicht stimmt.
Jeden Tag auf eine andere Baustelle mit neuen Kunden / Orten sorgten dafür das ich mich unwohl fühlte und ich wusste nicht warum.
Dann gab es eine Baustelle wo es ein wenig eskalierte. Ich war extrem nervös, hab mich mehrfach beim Ablängen von Rohren vermessen und schließlich durch einen Denkfehler eine Überschwemmung im Keller des Kunden verursacht. Nach diesem Vorfall haben der Chef und ich uns (nach einem ausführlichen Gespräch) einvernehmlich voneinander getrennt, da ich dem guten Ruf der Firma nicht schaden wollte und natürlich auch nicht in dieser Verfassung brauchbar war für die Firma.
Danach wurde alles schlimmer. Ich wurde gezwungen durch das Jobcenter…ähh das Sanktionscenter Zeitarbeit anzunehmen was die Symptome der Phobie verstärkt hat.
In der 3. Zeitarbeitsfirma (ich glaub das war so im Jahr 2010 glaub ich, ich weiß es nicht mehr wirklich will es aber auch nicht mehr genau wissen) am ersten Tag eskalierte die Situation dann endgültig:
Es fing morgens um 06:00 Uhr an nachdem ich einen Parkplatz suchte am Saturn in Wuppertal Elberfeld. Zu dem Zeitpunkt wurde er grad im Rohbau fertig gestellt.
Ich fragte die Müllabfuhr die grad vor Ort war wo man den kostenfrei parken könnte.
Diese lachte mich aus und meinte das um diese Uhrzeit so gut wie keine kostenfreie Parkmöglichkeit mehr gäbe. Ich habe den letzten freien Platz auf einem Berg bekommen 900m von der Baustelle entfernt außer Sichtweite. Somit war das einzige was mir vertraut war nicht in meiner Nähe. In der großen Stadt fühlte ich mich generell schon fremd und allein gelassen. Ich machte mich dann auf zur Baustelle mit ca. 15 KG am Arm (Werkzeugkiste), Rucksack und Arbeitskleidung. Arbeitsbeginn wäre am um 07:30 Uhr gewesen. Um 07:30 Uhr wollte ich auf die Baustelle aber man ließ mich nicht. Keiner sprach deutsch, meine Kontaktperson die mich in Empfang nehmen sollte war nicht vor Ort und die Nummer die man mir von der Person gab war nicht vergeben. In diesem Moment war es als ob eine Sicherung in meinem Kopf ausgelöst hätte. Ich bekam blanke Panik… Es war so als würden die Betonsäulen des Rohbaus bersten und das gesamte Gebäude auf mich einstürzen.
Ich nahm mein Werkzeug und rannte zu meinem Auto zurück. Vermutlich über rote Ampeln ich kann mich nicht mehr richtig daran erinnern. Ich erinnere mich erst wieder das ich ca. 15 Meter hinter meinem Auto zusammen gebrochen bin da aufgrund meines Asthmas.
Ich hatte zum Glück mein Spray dabei. Nachdem ich einigermaßen wieder Luft bekam warf ich alles Werkzeug ins Auto und aktivierte die Zentralverriegelung. Danach bekam ich einen Heulkrampf und dachte mir nur was zur Hölle stimmt mit mir nicht was ist los. Ich wollte nur noch Weg von da und raste deswegen Richtung Heimat. Zuhause angekommen fasste ich den Entschluss eine Therapie zu machen um rauszufinden was mit mir nicht stimmt.
Im Laufe der Therapie bei der 3. Sitzung meine ich war es gewesen sagte mir mein Therapeut dann die Diagnose F40.01 Agoraphobie mit Panikstörung.
In meinem Fall äußert sich das mit folgenden Dingen:
- Angst vor langen Reisen nach fremden Orten
- Angst vor dem alleine Reisen
- Angst vor Großstädten
- Angst vor ständig wechselnden Situationen
- Angst vor zu großen Menschenmassen auf engem Raum
Im Zuge der eigentlichen Therapie habe ich zusätzlich eine freiwillige Angstkonfrontationstherapie gemacht die 3 Schritte umfasste. Im ersten Schritt musste ich mir die Situation in Wuppertal noch einmal vorstellen dort hin zu gehen mit allen Schritten und dabei aufschreiben was ich fühle mit dem was ich bislang in der Therapie gelernt habe. Im zweiten Schritt musste ich noch mal nach Wuppertal mit meinen besten Freunden und alle Schritte durchgehen und auch wieder alles aufschreiben. Im 3. Schritt musste ich ein letztes Mal dorthin allerdings alleine.
Mein Auto hatte nach dem 3. Schritt die Idee einen 4. Schritt hinzuzufügen.
Auf der Hauptkreuzung in Elberfeld riss mir das Kupplungsseil…
Zum Glück war mein Auto über den ADAC abgesichert sodass ich wieder nach Hause konnte.
Was ich in der Therapie gelernt habe:
Ich habe mir in der Therapie als auch nach der Therapie einige sogenannte Ankerpunkte errichtet, diese dienen dazu die Panik in einer triggernden Situation zu unterdrücken oder zumindest zu vermindern. Komplett weg geht die Phobie in meinem Fall leider nicht. Bei einigen anderen ging das wohl. Das ist halt bei jedem unterschiedlich.
Erster Ankerpunkt: Mein Auto – Es ist meine mobile Heimat, etwas vertrautes was mich beschützt und jederzeit von einem (fremden) Ort wieder zu meiner Heimat bzw. in die vertraute Umgebung meiner Heimat bringt. Vertraute Umgebung erstreckt sich in meinem Fall über alle Städte und Wege die ich ohne Navi fahren kann. Der erste Punkt ist somit auch der wichtigste Punkt aller Punkte. Daher habe ich auch eine andere Beziehung zu meinem Auto, es ist wie ein Familienmitglied daher behalte ich es bis das der TÜV uns scheidet.
Das verstehen viele nicht warum ich soviel Geld in den Erhalt des Autos investiere dies ist der Grund dafür. Ein neues Auto wäre wieder eine neue Situation die ich so lang wie möglich versuche zu vermeiden. Es ist für mich auch unheimlich wichtig das mein Auto, wenn ich an einem fremden Ort bin, immer in meiner Nähe steht zum Beispiel vor oder hinter dem Gebäude in dem ich mich gerade befinde. Solange ich mein Auto durch zb. Ein Fenster oder so sehen kann fühle ich mich bedingt wohl.
Zweiter Ankerpunkt: Mein Navi – Es leitet mich immer sicher in meine bekannte Umgebung. Deswegen fahre ich auch immer mit 2 Navis, eins bleibt als Reserve immer mit dabei falls das erste ausfallen sollte. Über Handy kann ich bedingt ein 3. Navi realisieren.
Dritter Ankerpunkt: Der ADAC – Ich habe eine Plus Mitgliedschaft damit ich auch den sogenannten Pickup Service in Anspruch nehmen kann. Das heißt wenn das Auto vor Ort nicht mehr instand zu setzen ist bei einer Panne wird das Auto samt Fahrer zu seinem Wunschort gebracht. Dies ist auch bereits einmal der Fall gewesen und es gibt mir unendliche Sicherheit falls der erste Ankerpunkt ausfallen sollte.
Vierter Ankerpunkt: Meine Wohnung – Mein Schloss, mein Bunker mein Hauptstützpunkt.
Hier gelten alleine meine Regeln und hier fühle ich mich am wohlsten. In der schlimmsten Form der Agoraphobie, die ich zum Glück nicht habe, kann man seine Wohnung nicht mehr verlassen. Die einzige Person die ich noch kenne kann wohl maximal bis zu ihren Stadtgrenzen fahren.
Fünfter Ankerpunkt: Meine wahren Freunde – Die meine Phobie verstehen und mich dahingehend unterstützen. Wenn ich mit Freunden wegfahre, und nicht selbst mit meinem Auto fahre sondern mitgenommen werde erfordert dies das maximalste Vertrauen was ich in Freunden haben kann. Dies haben nur sehr wenige. Dies setzt voraus dass wenn ich Panik bekomme oder mir unwohl wird, das man mich wieder zu meinem Auto bringt ohne das ich darum flehen muss oder mir dies verweigert wird.
Trotz dieser Ankerpunkte gibt es Grenzen die ich nicht überschreiten kann. Die Grenzen von Deutschland sind gleichzeitig meine maximalen Reisegrenzen.
Großtädte versuche ich nach wie vor zu vermeiden. Allein Berlin wäre ein extremer Alptraum für mich zu fahren bei bis zu 6 Spuren in der Stadt und auch entsprechend große Kreisverkehre.
Jobtechnisch war die einzige wirksame Lösung eine Stelle zu finden die in meiner Heimat Umgebung liegt und die einen festen Gebäudekomplex beinhaltet, keine wechselnden Einsatzorte. Dies ist glücklicherweise seit 01.08.2011 der Fall. Ich versuche diese Stelle auch bis zur Rente zu halten mit allen Mitteln.
Wenn ich an neue fremde Orte fahre baue ich mir als erstes ein Sicherheitsnetz auf.
1. Die genaue Adresse herausfinden mit Postleitzahl, Adresszusatz etc.
2. Die Adresse auf einer Routenseite eingeben um die Entfernung und die ungefähre Reisedauer zu ermitteln da ich immer ca. 1 Stunde Probleme mit einkalkuliere.
3. Auf der Routenseite ein Satellitenbild anfordern um ein Bild von der Umgebung zu bekommen
4. Ggf. weitere Bilder durch Kontaktpersonen oder Internetseiten wenn verfügbar holen.
5. Vorbereitungen für die Fahrt treffen damit an dem Tag alles bereit ist (Tank voll, Reservetank voll, Navi(s) an Bord, Genug Geld dabei für alle Fälle, Fahrzeugcheck etc.
Weitere Auswirkungen im sozialem Umfeld
Gibt es viele, hier alle die mir grad spontan einfallen:
Wenn ich bei Jemanden zu Gast bist oder zusammen im Restaurant etc. setze ich mich meistens unbewußt immer an einem Rand des Tisches bzw. in der Nähe zum schnellsten Fluchtweg
Ab und an kommt es vor das ich den Zwang hab nach meinem Auto zu sehen ob es noch da steht und alles ok ist
Wenn ich bei Freunden bin kommt leider relativ schnell aufgrund der Phobie ein sehr starkes Heimweh auf. Je höher die Distanz zur Heimat desto eher kommt dies.
Weitere Nachteile sind leider auch soziale Dinge. Auf Partys fühle ich mich nur eine Weile wohl. Irgendwann fühle ich mich irgendwie als 5. Rad am Wagen. Das verstärkt sich wenn ich keinen da hab (den ich kenne) mit dem ich über Themen reden kann die mich auch interessieren bzw. mitreden kann
Ansonsten wenn ihr irgendwelche Fragen habt stellt sie gerne.
Und falls den Thread hier Jemand über zb. Google/Bing oder sonst was gefunden hat und auch Agoraphobie hat und sich austauschen will melde dich gern hier an und schreib in diesen Thread.