So, enldich komm ich mal dazu. Also schon im Dezember gesehen:
Das weiße Band
Wurde vor kurzem ja mit dem Golden Globe ausgezeichnet und zu was? Zu Recht! Haneke zeigt ein norddeutsches Dorf am Vorabend des Ersten Weltkrieges. Zeigt die Gesellschaft und die Kultur der damaligen Zeit. Ohne jedoch irgendwie wertend zu kommentieren. Der Ich-Erähler sagt zu Beginn "Manche Sachen verstehe ich heute besser und manche verstehe ich heute genau so wenig wie damals". Das geht dem Zuschauer ebenso. Einiges, was einem am Anfang des Films befremdet, versteht man irgendwie besser, anderes bleibt gleich rätselhaft.
Zur Handlung: In besagtem kleinen Dorf geschehen seltsame Dinge. Zuerst passiert dem Arzt ein schwerer Reitunfall, der vielleicht gar kein Unfall ist. Später wird der kleine Sohn des Großgrundbesitzers schwer misshandelt und schließlich wird ein behinderter Junge aus dem Dorf entführt und später schlimm zugerichtet wieder aufgefunden. Während die Leute rätseln, ob ein Zusammenhang besteht und das Klima von Misstrauen wächst, geht das Leben großteils seinen alltäglichen Verlauf. Und gerade darin liegt die Faszination des Films: In allen Facetten wird Gesellschaft und Moralvorstellung sowie Sittenbild einer Epoche gezeigt. Nicht anhand von Extremen oder Aufsehenerregendem sondern im alltäglichen Leben. Das sind Bräuche, die heutzutage (gerade mal 100 Jahre später) großteils unvorstellbar sind. Allein schon, wie die Kinder ihre Eltern siezen und mit "Herr Vater" und "Frau Mutter" ansprechen müssen und geradezu zeremoniell mit einer Rute verdroschen werden, weil sie zu spät zum Abendessen kommen wirkt auf den heutigen Zuschauer einfach nur arg. Noch perplexer ist man dann, wenn man erkennt, dass dies nicht auch Bösartigkeit sondern aus überzeugter Liebe zu den Kindern geschieht, weil man es für das Beste hält. Besonders klasse ist am Film, dass er zum einen in s/w ist und zum anderen ohne jegliche Musikuntermalung auskommt. Dadurch wirkt nicht nur sämtliches Geschehen fast schon dokumentarisch, sondern gleichzeitig wirklich wie aus einer anderen Zeit.
Außerdem erwähnenswert ist die wirklich fantastische Schauspielleistung wirklich SÄMTLICHER Darsteller. Vor allem die Jugendlichen und Kinder sind echt wahnsinnig gut. Ganz ganz toll sind vor allem auch die kleinsten, allen voran Rudi, der jüngste Sohn des verunglückten Arztes. Die Szene in der er sich mit seiner beinahe erwachsenen Schwester über Leben und Tod unterhält ist eindringlich und ergreifend zugleich. Selten wirkte ein so kleines Kind so respekteinflößend. Hut ab!
9,5/10