Scouting Guide

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Was heißt Scouten?

Scouten / Scouting bedeutet, dass man sich Informationen über den Gegner besorgt, damit man Entscheidungen im Spiel treffen kann. Kann er angreifen? Womit kommt er an? Ist er verwundbar?


Scoute ich richtig?
Die wichtigste Frage überhaupt: Gewinne ich durch mein Scouting einen Vorteil, der mich im Spiel voranbringt? Diese Frage sollte man sich regelmäßig stellen. Schaut euch eure Replays erst aus der "Alle"-Sicht und dann aus eurer Sicht an: Wann habt ihr Ärger mit dem Gegner gehabt? Worin bestand der Ärger: Hatte er sehr viele Einheiten, hatte er Spezialeinheiten, ist euch eine Expansion verborgen geblieben? Und dann die wichtige Frage: Habt ihr es kommen sehen oder nicht? Und: hättet ihr etwas an eurem Spiel geändert, wenn ihr gewusst hättet, dass er mit XY anrückt? Viele scheinbar kritischen Überraschungen haben nichts damit zu tun, dass man nicht gescoutet hat, sondern eher damit, dass man nicht an die Möglichkeit gedacht hat. Klassisches Beispiel leicht überspitzt: Keine Detektoren gegen getarnte Banshees am Start gehabt. Gegen Terraner plant man IMMER Detektoren ein.



Watch-Tower & Map-Kontrolle (Update 17.11.2010)
Gerade in den unteren Ligen (Platin und drunter) werden die Watch-Tower massiv unterschätzt. Die Dinger stehen meistens an sehr wichtigen Punkten, zum Beispiel den besten Haupt-Angriffsrouten. Man sollte sie besetzen, verteidigen und zurückerobern! Bis zur Goldliga reicht es meistens, die Tower zu besetzen, ab Platin muss man auch schon mal gegnerische Scouts rauswerfen und den Tower neu besetzen. Wenn man ein Auge auf der Minikarte hat, kann man kaum noch überrascht werden!
Im weiteren Verlauf des Spiels wird darüber hinaus die allgemeine Map-Kontrolle wichtig: Man will erstens wissen, ob, wann und wo der Gegner expandiert und zweitens ob, wann und wo er mit Luftangriffen anrückt. Dazu zählen natürlich auch Drop-Angriffe. Im Idealfall will man eine Sichtschneise haben: Ein Ring oder eine Linie durchgehender Sicht, so dass man jede einzelne Einheit, die die Gegner-Base verlässt, auf der Mini-Karte zu sehen bekommt. Und dann will man mobile Truppen haben, mit denen man jeglichen Ausfall des Gegners unterbinden kann. So eine Sichtschneise aufzubauen und am Leben zu erhalten ist eine große Herausforderung, vor allem wenn der Gegner aktiv dagegen ankämpft.


Scouting Schritt für Schritt

Jeder kennt die Profi-Replays, wo ein Arbeiter sich kurz in der Gegnerbase umschaut und schont scheint der Pro zu wissen, was er machen muss. Viele Spieler scouten deshalb, um zu scouten: Die Pros machen's, also muss ich das auch machen. Oft bleibt aber die Frage im Raum stehen: Was bringt mir das eigentlich?


Schritt 1: Anti-Cheese
Der 1. Scout hat normalerweise nur einen Zweck: Sicherstellen, dass man nicht gecheeset wird. Man schickt um 9 Supply einen Arbeiter los. Auf 4-Spieler-Karten muss man erst noch die richtige Base finden, dort kann man auch noch früher loslaufen.
Auf niedrigen Liga-Niveau (Platin und drunter) will man nur ganz grundlegende Dinge wissen: Steht da ein Warpknoten / eine Kaserne / ein Spawning-Pool?
Bei Zerg muss man darauf gucken, wie früh der Pool fertig wird / geworden ist. 6-Pools und 8-Pools sind fertig / fast fertig; 12-Pools sind im letzten Drittel; spätere Pools fehlen oder kommen gerade erst.
Bei Protoss und Terranern ist das Fehlen der ersten Gebäude ein Alarm-Signal für Proxy-Rushes. Vorsicht: Manch ein Gegner versteckt gerne sein Zeug in der hinterletzten Base-Ecke um euch denken zu lassen, dass er proxy-cheeset.
Bei allen Rassen ist es interessant, ob er aufs Gas verzichtet oder nicht. Gas-heavy bedeutet Tech - wenn der Gegner weiß, was er tut. Gerade auf niedrigem Niveau sind die Gegner nicht so sattelfest in ihrem Build, dass man jeden ihrer Schritte als geplant werten darf.
Ganz wichtig: Mehr Informationen bekommt ihr mit dem ersten Scout nicht! Über-interpretieren schadet hier mehr, als es nützt. Am meisten gewinnt man, wenn man diesen Arbeiter-Scout nun zurückzieht und an einem Watch-Tower platziert.


Schritt 2: Follow-up Scout
Der wichtigste Scout ist der Follow-up bei etwa 22 Supply. Spätestens bis jetzt muss sich der Gegner auf einen Build festgelegt haben. Wenn er seine Tech- oder Produktions-Gebäude noch länger hinauszögert, fällt er zu weit zurück. Dieser Scout ist meistens todgeweiht und wird es nicht lebend aus der Main schaffen. Also sollte man ihn von Hand steuern und nicht nur Befehle über die Minikarte abschicken. Es ist wichtig, jedes im Bau befindliche Gebäude anzuklicken, damit man sieht, was es werden soll.
Für diesen Scout kann man gut den Anti-Cheese-Arbeiter verwenden, den man zum Watch-Tower zurückgezogen hat, er ist am dichtesten dran.
Bei Zerg ist die Frage entscheidend: 1Base oder 2Base? Ein expandierender Zerg hat Pläne für das Mid-Game und wird am Anfang relativ defensiv spielen: Verteidigung und/oder Harassment. 1Basing Zerg sind dagegen hochgefährlich, vor allem seit Patch 1.1.2 ist ein Early Roach Push um die 6-Minuten-Marke beliebt. Das Fehlen einer Expansion um 22 Supply ist ein Alarmsignal erster Güte.
Bei Protoss und Terranern hat man oft das Problem, dass sie einen Wall bauen und man nicht in die Base hineinkommt. Hier rennt man die Rampe hoch und guckt sich an, was für Gebäude in Sichtweite stehen. Mehr wird man leider nicht erfahren und geht deshalb sofort zu Schritt 3 über.


Schritt 3: Scouting the Front / Anklopfer-Scout
Wenn der Gegner die Vordertür mit Gebäuden zugebaut hat, muss man "anklopfen". Dafür reicht ein einzelner Arbeiter meistens nicht, man will den Gegner erschrecken / unter Druck setzen und ihn zwingen, mit seinen vorhandenen Einheiten anzurücken. Für Druck reichen bei Protoss schon zwei Stalker, Terraner wollen eine Handvoll Barracks-Einheiten verwenden und der Zerg bringt ein halbes Dutzend Zerglinge an den Start.
Sobald man an der zugebauten Vordertür unter Feuer gerät weiß man, was er baut und womit man rechnen muss. Man muss außerdem lernen, schnell zu zählen: Oft sieht man die gegnerischen Einheiten nur für eine Schrecksekunde. Waren das jetzt 8 Marines oder nur 4? Hatten die Stalker drei oder fünf Sentries dabei? Habe ich da einen Immortal gesehen?
Man erfährt beim Anklopfen eins von zwei Dingen: Entweder sieht man eine relativ starke Truppe und deren Zusammensetzung; oder man sieht nur wenig bis gar nichts und weiß damit, dass im Hintergrund irgendeine hässliche Überraschung zusammengeschraubt wird. Im ersten Fall zieht man sich zurück, um die Verluste gering zu halten. Im zweiten Fall muss außerdem ein Spezial-Scout für zusätzliche Informationen her.


Schritt 4: Doorbells / Türglocken
Egal, wie Schritt 3 ausgegangen ist: spätestens jetzt stellt man an der Vordertür des Gegners (und evtl. existierenden Hintertüren, z.B. auf Blistering Sands) eine Türglocke auf. Für Zerg sind einzelne Zerglinge möglich, der Rest nimmt einen Arbeiter pro Tür. Die Türglocken werden so aufgestellt, dass sie von der Rampe / vom High-Ground aus nicht beschossen werden können, aber alles sehen, was die feindliche Base zu Fuß verlässt. Ein pushender Gegner muss an diesen Türglocken vorbei und wird sie vernichten, damit hat man maximale Vorwarnzeit vor Angriffen. Achtung: Türglocken werden von schlauen und/oder expandierenden Gegnern regelmäßig ausgeschaltet, ohne dass es zum Angriff kommt. Zusätzliche Sicht auf das Terrain ist also wünschenswert.


Schritt 5: Spezial-Scouts
Meistens ist das Spiel nun schon so weit fortgeschritten, dass jede Rasse Zugriff auf ihre Spezial-Scouts hat: Terraner haben Scans und fliegende Kasernen/Fabriken, Zerg haben Overseer und Formlinge oder zumindest Speed-Overlords, Protoss haben Observer oder Hallucinations (halluzinierte Phoenixe sind Bomben-Scouts!) zur Verfügung.
Diese werden hochwichtig, wenn der Gegner seine Base eingemauert hat und keine Informationen über seine Tech-Wahl verfügbar sind. Der richtige Einsatz dieser Scouts ist trickreich. Scans müssen an den "guten Stellen" platziert werden, für den Rest muss ein guter Anflugweg gewählt werden, damit sie (lange genug) überleben. Klassisch ist der Flanken-Scout: Seitlich in die Base rein und nicht direkt über die Mineralien-Linie oder die Vordertür - diese sind am schwersten bewacht gegen Pushes und Harassment.



Scouting auswerten

Den Scout in die Gegner-Base zu bekommen und überhaupt was zu sehen ist schon schwer genug. Aber die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt: Wonach suche ich eigentlich? Um mit Scouting-Informationen arbeiten zu können, muss man ein paar Grundlagen über alle drei Rassen wissen: Welche Einheiten kann er bauen? Welche Gebäude braucht er, um sie bauen zu können? Und welche Follow-ups kann er auf das Bestehende aufbauen?
Man will Gebäude und evtl. Einheiten sehen. Man will aber vor allem sehen, was man NICHT sieht: Welche Gebäude fehlen, wovor muss man für die nächsten Minuten keine Angst haben? Ohne Spaceport gibt's keine Banshees, ohne Spire keine Mutalisken, ohne Robo Support Dock keine Colossi und so weiter. Auf dieser Informationsbasis kann man die eigene Einheiten-Mischung anpassen.


Scouting und Reaktionen timen

Timing ist fürs Scouting sehr wichtig: Wenn man zu früh anrückt, sieht man gar nichts. Scoutet man zu spät, kann man nicht mehr rechtzeitig reagieren. Man muss also wissen, wann man im Spiel mit bestimmten Angriffen rechnen muss.
Hier sind Erfahrungswerte interessanter als die Rekorde, die Pro-Spieler aufstellen. Warum soll ich nach 4 Minuten auf einen Push gefasst sein, wenn in meiner Liga keiner in der Lage ist diesen Push in unter 5 Minuten zu stemmen? Wenn man sich auf das Niveau des eigenen Umfelds beschränkt, bleibt mehr Energie übrig, um andere wichtige Bereiche zu verbessern.


Expansionen bewachen (Update 17.11.2010)

100%ige Map-Kontrolle, wie sie oben beschrieben wurde, kann manchmal unmöglich sein. Deshalb sollte man immer eine Mindestabsicherung einbauen, nämlich Exe-Patrouillen. Der Gegner wird normalerweise zuerst an seiner Natural expandieren und danach weitere Expansionen auswählen, die er gut verteidigen kann. Manchmal wird er aber auch frecherweise versuchen, eine versteckte Expansion aufzuziehen. Um dem zu begegnen sollte man deshalb ein Auge darauf haben, ob der Gegner tatsächlich 1Base spielt, oder ob er expandiert hat. Regelmäßige Überprüfungen der gegnerischen Natural (egal ob mit Scouts oder Frontalangriffen) sind Pflicht: Hat man da eine Expansion gesehen oder nicht?! Wenn nicht, sollte man spätestens nachdem man selbst die erste Expansion an den Start gebracht hat zwei oder drei Arbeiter mit Exe-Patrouillen beauftragen: Man wählt einen Arbeiter aus, rechtsklickt auf der Minikarte auf eine (bis jetzt) noch ungenutzte Exe, hält dann die SHIFT-Taste gedrückt, drückt das Tastenkürzel für "Patrouillieren" und macht Linksklicks auf ein bis zwei weitere Expansionen. Der Arbeiter wird nun der Reihe nach diese Exen ansteuern, dann zur ersten zurückkehren und endlos weiter-patrouillieren. Wenn man auf diese Weise für alle möglichen Expansionen Patrouillen einrichtet, erfährt man fast sofort, wenn dort geext wird.
Feindliche Exen frühzeitig zu erkennen birgt zwei Vorteile: Erstens weiß man, dass der Gegner gerade viel Geld in seine Wirtschaft gesteckt hat und deshalb seine Armee für eine kurze Weile relativ schwach sein wird; zweitens wird er als guter Spieler jetzt entweder angreifen, oder versuchen, alle Bases gleichzeitig zu verteidigen. Zwei wichtige Informationen über das laufende Spiel, die man mit minimalem Aufwand erhält.

Quelle: Homerj.de Forum
 
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