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Bitte nicht so emotional bagatellisieren. Dass Menschen von ihrer Arbeit leben können ist schlicht eine Grundvoraussetzung, damit das vorherrschende System akzeptiert wird. Ohne die Akzeptanz der breiten Masse kann auch kein Wirtschafts- oder Gesellschaftssystem funktionieren, wenn nicht irgend wann nur die obersten 60%, dann 40%, 20%, 5% in ihren Elfenbeintürmen ihr wertloses Spielgeld tauschen sollen, dann muss unser System schlicht so gut wie jedem einen akzeptablen Platz anbieten können.Herr Pispers könnte auch fordern, dass der Rhein demnächst bergauf laufen soll.
Ganz davon abgesehen forderst du effektiv das gleiche.
Die Betrachtung nach rein lokalen Kriterien, wie du sie hier erwähnst (harte Renditemaximierung), lässt allerdings globale Faktoren völlig außer acht. Wird durch das sture Maximalwirtschaften schlicht die Grundlage des Wirtschaftens, die Gesellschaft und vorallem die Kaufkraft und Akzeptanz der Menschen, zerstört, zerstört man langfristig seine Renditechance.Ein Unternehmen stellt einen Arbeitnehmer dann ein, wenn es sich von diesem einen Nutzen verspricht. Kostet der Arbeitnehmer mehr als er nutzt, kann er nicht eingestellt werden. Ist es vorteilhafter eine Maschine hinzustellen anstatt einen Arbeitnehmer, wird die Maschine hingestellt. Ist es am vorteilhaftesten im Ausland produzieren zu lassen, wird im Ausland produziert. Und gibt es ein Geschäftsmodell, das mehr Rendite abwirft als das gegenwärtige, dann wird eben das mit der maximalen Rendite bevorzugt.
Ein Vergleich: Ein Bauer bekommt weit bessere Rendite, wenn er seine Felder bis zum bersten ausbeutet. Nach gängiger Wirtschaftsmeinung, die du auch hier anführst, wäre dies für ihn das beste Vorgehen. Wer ein wenig von Landwirtschaft versteht weiß, dass jener Bauer nach ein paar Jahren mittellos dasteht. Die langfristig bessere Lösung ist es, den Spielraum bei der Gewinnmaximierung auszunutzen, um die Grundlage des Wirtschaftens zu erhalten.
Auch in hochqualifizierten Bereichen sind nicht die offenen Kapazitäten vorhanden, um einen Arbeitszwang durchsetzen zu können. Davon abgesehen ist die Existenz einer breiten Schicht geringqualifizierter schlicht Realität, die sich wohl auch in den nächsten ein bis zwei Generationen kaum nennenswert ändern lassen wird.Ich denke, dass sich der Trend, der seit der Industralisierung zu verzeichnen ist, dass immer weniger menschliche Arbeitskraft im geringqualifizierten Bereich erforderlich ist, sich fortsetzen wird. Nicht zuletzt die Digitale Revolution hat hier nochmal ganz neue Impulse gesetzt. Neue Jobs entstehen im höher qualifizierten Bereich.
Wir haben keinen Arbeitszwang wie ihn eine negative Grundeinkommenssteuer nach deinem System generieren würde, die Sanktionen beziehen sich nur auf Ablehnung existierender Arbeit. Bei negativer Grundeinkommenssteuer kann man noch so viel Arbeiten wollen, wenn es schlicht keine gibt ist man gearscht.Arbeitszwang haben wir doch schon in unserem heutigen System dadurch, dass Leistungsmepfänger, die arbeiten können aber nicht wollen, sanktioniert werden. Das möchte ich beibehalten. Ich würde dir Recht geben, dass ein System, bei welchem mit einem flächendeckenden Mindestlohn eine für viele Arbeitslose unereichbare Hürde für den Arbeitsmarkt gezogen wird, ein perverses System ist. Genauso wie auch das derzeitige System mit seinen Transferleistungen welches denjenigen belohnt, der nicht arbeitet, falsche Anreize setzt: Den meisten Arbeitslosen fehlt es an der Wettbewerbsfähigkeit, um am Arbeitsmarkt einen Lohn zu erzielen, der über den staatlichen Leistungen liegt.
Darüberhinaus ist es eine Betrachtungssicht, ob unser Transfersystem diejenigen belohnt, die nicht arbeiten. Vielmehr bestraft unser Wirtschaftssystem diejenigen, die gering qualifiziert sind und trotzdem Arbeiten.
Leider würde die Abschaffung dieser Missstände nicht in deinem favorisierten System münden...Unser derzeitiges Sozialsystem birgt übrigens quasi schon einen impliziten Mindestlohn, mit der perversen Forderung an die Arbeitnehmer, sich gefälligst einen Job zu suchen, den sie aber aufgrund ihrer zu hohen Ansprüche, resultierend aus den Leistungen des Staates, nicht finden können. Das hat wie ich finde schon sadistische Züge, so mit Menschen umzugehen. Ich gehe mal nicht davon aus, dass unsere Hartzler masochistisch veranlagt sind und voll darauf abfahren, so behandelt zu werden und ferner sind wir uns denke ich ja alle einig darüber, dass jeder Mensch in diesem Land auch die Möglichkeit bekommen muss, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Und das ist weder ein menschenwürdiger Umgang, noch denke ich, dass ohne Erwerbsarbeit gesellschaftliche Teilhabe realisiert werden kann (weswegen ich auch gegen ein BGE bin).
Das geht am Problem vorbei. Die Arbeitsplätze, die du zu besetzen forderst, sind schlicht nicht da.Jeder Mensch muss für den Lohn arbeiten, den er am Arbeitsmarkt erzielen kann. Zusammen mit einer negativen Einkommensteuer könnten wir so Vollbeschäftigung herbeiführen, die Menschen hätten ein ausreichendes Auskommen und der Staat würde vermutlich sogar weniger Geld ausgeben, als momentan: Es würde das Mitmachen bezahlt und nicht die Arbeitslosigkeit. Derjenige, der arbeitet, ist nicht mehr der Dumme.
"Am besten" ist aber eine Nullaussage, wenn der Vergleich eben das Nullniveau ist. Das Überangebot liegt extremst deutlich bei geringqualifizierten Arbeitskräften, nicht bei geringqualifizierten Arbeitsplätzen, von dem her sind es die Arbeitgeber, welche sich diejenigen Bewerber heraussuchen können, die die geringste Bezahlung akzeptieren.Auch Arbeitnehmer, die nur über geringe Qualifikation verfügen, werden sich den Arbeitgeber aussuchen, der bei sonst gleichen Bedingungen am besten bezahlt.
Bei negativen Grundeinkommen doch auch! Alles, was du unter der Hand halten kannst, erhöht auch dabei deine Subventionen.Missbrauch wird es immer geben. Bei einem flächendeckenden Mindestlohn würde die Schwarzarbeit befördert...