Syrien-Konflikt: Linken-Abgeordnete wollen erstmals für Auslandseinsatz stimmen
Die Linksfraktion hat ihre Abgeordneten vom Fraktionszwang befreit – einige von ihnen werden den Bundeswehreinsatz im Mittelmeer befürworten. Für die Partei ist das neu.
7. April 2014, 16:17 Uhr / Aktualisiert am 7. April 2014, 16:19 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, tst 38 Kommentare
Im Bundestag werden erstmals mehrere Linke-Abgeordnete für einen Auslandseinsatz der Bundeswehr stimmen. Die Fraktion entschied sich, die für Mittwoch geplante Abstimmung über die Entsendung einer deutschen Fregatte zum Schutz der Chemiewaffen-Vernichtung im Mittelmeer freizugeben.
Mehrere Vertreter des Reformerflügels halten den Einsatz für richtig, weil es sich um eine Abrüstungsmission handelt. Die Gruppe um die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht ist dagegen, weil sie eine weitere Militarisierung der Außenpolitik befürchtet. Die Ablehnung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr war auch im Wahlprogramm der Linken für die Bundestagswahl 2013 (PDF, S.7) verankert.
Der Linken-Reformpolitiker Stefan Liebich sagte ZEIT ONLINE, er befürworte den Einsatz. "Die Absicherung der Umsetzung eines einstimmigen Beschlusses des UN-Sicherheitsrates zur Vernichtung von Massenvernichtungswaffen ist das Beste, was die Bundesregierung tun kann", sagte er.
Das Bundeskabinett hatte vergangene Woche in Berlin die Entsendung von bis zu 300 Soldaten bis Ende des Jahres beschlossen. Grundlage dafür ist eine Resolution des UN-Sicherheitsrats. Die deutsche Fregatte soll – zusammen mit Schiffen anderer Nationen – bei der militärischen Absicherung eines amerikanischen Spezialschiffs helfen. Auf dem Schiff sollen Fachleute auf hoher See die syrischen Bestände spätestens ab Anfang Mai unbrauchbar machen. Das neue Bundeswehr-Mandat gilt bis Ende des Einsatzes, höchstens jedoch bis Dezember.
Sevim Dağdelen vom linken Parteiflügel sagte, es sei "eine Legende, dass die Resolution des UN-Sicherheitsrates den Einsatz der Bundeswehr legitimiert". Die Resolution enthalte keine militärische Komponente. Zudem hätten nicht die UN, sondern die USA die Bundeswehr gebeten, eine Fregatte zu entsenden, sagte sie ZEIT ONLINE. Die USA seien im Syrien-Konflikt nicht neutral. Zudem beteilige sich Deutschland bereits an der Aktion, in dem es zusagte, einen Teil der Chemiewaffen auf seinem Gebiet zu vernichten. Statt Soldaten aufs Mittemeer zu schicken, solle Deutschland lieber den Export von Chemikalien in Länder stoppen, die die internationale Chemiewaffenkonvention nicht unterzeichnet haben.
Bisher hatte sich die Linke kategorisch gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr gestellt. Diese Haltung war ein Hauptgrund dafür, dass die SPD eine Koalition mit der Linken auf Bundesebene stets ausschloss und die Partei für nicht regierungsfähig erklärte. Für die Abstimmung am Mittwoch hatte Fraktionschef Gregor Gysi Enthaltung empfohlen. Weil er sich mit Co-Chefin Sahra Wagenknecht nicht einig wurde, verzichtete die Fraktionsführung darauf, eine Abstimmungsempfehlung zu geben. Liebich rechnet damit, dass die eine Hälfte der Fraktion mit Nein stimmt, die andere zustimmt oder sich enthält.
Nach einem Chemiewaffenangriff am 21. August 2013 nahe Damaskus hatte die syrische Regierung der Vernichtung auf internationalen Druck hin zugestimmt. Bis Juni sollen die gesamten Bestände zerstört werden. Die Bundesregierung hatte auch angeboten, Restbestände der Chemiewaffen auf deutschem Boden vernichten zu lassen. Die technischen Vorbereitungen dafür laufen bereits.