Ich habe den Eindruck, dass du auch genau das machst, und das stört dich im Endeffekt. Oberyn war für dich (und auch für mich) ein Charakter, zu den man wieder aufblicken konnte. Ein Mann mit Sinn für Gerechtigkeit und auch mit genügend Macht (politisch und kämpferisch) um diese durchsetzen zu können. Genau da setzt GRRM an. Er will uns ein Gefühl der Sicherheit und Hoffnung vermitteln um uns dieses dann in einem schockierenden Moment wieder wegzunehmen. Als ich die Bücher gelesen habe, war ich nicht weniger schockiert als du, obwohl man dort kein Blut und kein Gehirn sieht. Nach dem Tod von Oberyn hab ich das Buch erstmal gegen die Wand geschmettert und gesagt: Ich les diese Scheiße nicht mehr weiter. Und sowas hab ich noch nie in meinem Leben gemacht. Danach lag ich 15 min in meinem Bett in stiller Dunkelheit, nur um danach das Licht wieder anzumachen und das nächste Kapitel zu lesen. Wenn du mal soweit gegangen bist, kannst du einfach nicht mehr aufhören. Und auch wenn Oberyn tot ist, existieren immer noch genügend andere Sympathieträger, für die es sich lohnt weiterzulesen/sehen. Dich stört nicht, dass er gestorben ist, sondern dass soviel Zeit in seine Entwicklung investiert wurde. Man hätte das Duell auch in der 3ten Folge der Staffel machen können. Niemand hätte etwas von Oberyn erfahren und es wäre einem egal gewesen, dass er stirbt. Der Impact wäre aber der gleiche: Nämlich Dorne.
Um es mal konkret zu sagen was der Impact vom Tod Oberyns war ohne zu spoilern: Dorne ist angepisst. Sein Bruder Prinz Doran ist angepisst. Seine Töchter die Sand Snakes sind angepisst. And the Lannisters arent the only ones who pay their debts. Warts ab, Prinz Doran wird dir gefallen. Er ist kein Fighter, aber er ist ein Puppenspieler. Da gibt’s wieder richtige Plots. Ob das ganze dann zufriedenstellend ausfällt oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Kommt natürlich auch darauf an, ob man die Martells mag oder nicht.
Ich lehne mich jetzt mal ziemlich weit aus dem Fenster und sage, die ganze Geschichte geht eigentlich um Tyrion. Tyrion wird nicht sterben und vielleicht der einzige sein, der am Ende von Buch 7 noch lebt. Was ich allerdings befürchte ist, dass GRRM sich von der Serie beeinflussen lässt, und nun einen anderen Weg geht, als er ursprünglich geplant hatte. Als Buchleser kann ich sagen, dass die Serie bis jetzt kein bisschen abgebaut hat. Die Handlung und Charakterentwicklung war bis jetzt immer Spannend und nachvollziehbar. Buch 4 sieht da schon anders aus. Wenn du dein Argument nach Staffel 5 gebracht hättest, dann hätte ich dir wahrscheinlich zugestimmt, denn Buch 4 war schlecht. Einfach schlecht. Erst Buch 5 hat das Ruder wieder in die Hand genommen.
Wir haben also rausgefunden, dass dich nicht wirklich die Handlung stört, sondern, die lange Charakterentwicklung (und Teilweise auch Storyentwicklung), die du „sich im Kreis drehen“ nennst.
ABER, wenn dich der Gore stört, dann hör auf die Serie zu schauen, denn es wird nicht weniger. Lies lieber die Bücher und stell dir vor, aus dem Kopf von Oberyn kommen Blumen, wenn sein Schädel am Boden zerschmettert wird.
Hat es dich bei Herr der Ringe etwa auch gestört, dass Gandalf in Buch 1 gestorben ist, um dann in Buch 2 wiederzukommen? Hätte man sich ja auch schenken können?
Wenn es dich stört, dass geliebte Charaktere sterben, dann hör auf die Serie zu schauen, denn GRRM wird nicht aufhören sie sterben zu lassen um zu schockieren.
Abschließend zum Thema Realismus: Natürlich ist es Fantasy und viele Sachen sind unrealistisch. Aber nur weil es Fantasy ist, muss nicht gleich ALLES unrealistisch sein. So ein Körper blutet nunmal wenn man ihm die Hand abhackt und es ist nicht schön anzusehen. Aber auch unsere Geschichte ist brutal und nicht schön. Da jetzt grade D-Day war: Ich möchte nicht wissen, wie damals der Strand der Normandie ausgesehen hat, als die Alliierten gelandet sind. Ich kanns mir aber vorstellen. Um eines klar zu stellen: Gore ist nicht „geiles“. Ich finde es nicht toll, wenn Unmengen an Blut herumspritzen und Hirn auf dem Fußboden verteilt wird. Es ekelt mich genauso an wie dich. Ich sitze nicht klatschend vor dem Fernseher, wenn ein Charakter stirbt, selbst wenn es Joffrey war. (Ich glaube durch seinen Tod ist viel verloren gegangen). Aber Schwertkämpfe und das ganze Setting sind hald nunmal brutal und blutig. Ich kann darin nichts unrealistisches erkennen. Sowas muss man einfach wegstecken oder darüber hinwegsehen. Natürlich gibt’s auch Leute die sich daran aufgeilen, aber das kann uns als bodenständige und vollständig entwickelte Menschen doch egal sein.
Ich hoffe ich habe nicht den Eindruck vermittelt, dich jetzt mit meinem Text plattwalzen zu wollen, aber wenn ich mal in Laune bin, dann fließt es hald mal so raus. Freue mich schon auf deine Antwort.