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Naja... abgesehen vom Anschein, dass bei der aktuellen ukrainischen Regierung vermutlich einiges im Argen ist, stellt sich für mich noch die Frage, was für ein Demokratieverständnis einige haben.
Nur weil "einige Tausend" der Meinung sind sie wollen, wenn auch aus gutem Grund, Neuwahlen sind sie nicht die Oberentscheidungsfinder- /oder -bestimmer für Millionen von Staatsbürgern.
Die aktuelle Regierung wurde von der Mehrheit der wahlberechtigten Ukrainer für einen bestimmten Zeitraum gewählt.
Eine Auflösung/Absetzung der Regierung kann formalrechtlich nur aufgrund bestehender Gesetze erfolgen und sieht dafür ein bestimmtes Prozedere vor.
Wenn die Regierung nun "Scheisse baut" (z.B. Korruptionsverdacht besteht, Abschluss überteuerter Gaslieferverträge etc.), ist das ärgerlich und würde einen normalen Menschen zum Protest veranlassen.
ABER:
Wenn es keine legale Möglichkeit gibt die Regierung vorzeitig abzusetzen und vorgezogene Neuwahlen zu initialisieren, weil eben (noch) kein gesetzlicher Auflösungsgrund vorliegt, den vermutlich das ukrainische Verfassungsgericht zu prüfen und festzustellen hätte, siehts schlecht aus.
Wenn der verfassungsmäßig vorgesehene Weg erschöpft ist, könnte man zwar friedlich aber vermutlich völlig nutzlos demonstrieren und müsste bis zum nächsten vorgesehenen Neuwahltermin warten, um einen Regierungswechsel zu erreichen.
Bis dahin ist die alte Regierung völlig legal weiter an der Macht.
Das ist natürlich frustrierend und (ich sag's mal in meinen Worten) dieser neudemokratische Kulturkreis ist es historisch gewöhnt, dass Veränderung durch Gewalt erreicht wird (Zarenzeit, Stalin, Weltkriege, Kommunismus).
Wenn die Proteste nun das geltende Demonstrationsrecht in der Ukraine verletzen (unerlaubte Ansammlungen, Landfriedensbruch, Angriff auf Staatsorgane), was ja offensichtlich der Fall ist, wird sich die Regierung (völlig legal) zur Wehr setzen.
Das kann einerseits durch Dialog geschehen, wo die Regierung sich erklärt warum sie was, wann, wo und weshalb gemacht hat und Lösungsvorschläge anbietet.
Wenn sie das nicht macht oder für erfolglos hält, besteht die Möglichkeit durch Einsatz der Staatsgewalt die verfassungsmäßige Ordnung aufrecht zu halten bzw. wieder herzustellen.
Das kann durch Einsatz der exekutiven Gewalt (Polizei, Militär) und der legislativen Gewalt (Erlass eines neuen verschärften Versammlungsgesetzes) erfolgen.
Ein z.B. neu erlassenes Versammlungsverbot an bestimmten Orten, wäre dann ein legal erlassenes Gesetz und somit nicht nur verfassungskonform sondern auch tatsächlich durchsetzbar.
An dieser Stelle kommt jetzt wieder die Frage, wer schuld an der aufkeimenden Gewalt ist:
Die Polizei, Miliz, Militär, welche aufgrund legal erlassener Gesetze das Recht duchsetzt oder die Protestierenden, die sich vermummt und bewaffnet gegen das Gesetz verhalten aber im Glauben das Richtige zu tun.
Ich halte es da mit einem Songzitat der Ärzte "Gewalt erzeugt Gegengewalt" und lasse diese Frage unbeantwortet, weil's darüber immer unlösbare Debatten gibt.
Trotz aller möglicher Meinungsverschiedenheiten würde ich dennoch das Resumeè ziehen, dass es wünschenswert wäre wenn die Gewalt in der Ukraine ohne Tote beendet wird und friedliche, vorgezogene Neuwahlen stattfinden.
Und damit niemand denkt, die Ukraine wäre ein exotischer Staat wo gerade Chaos herrscht möchte ich mal ein fiktives Beispiel bringen, wie sowas ähnliches bei uns ablaufen könnte:
Folgendes fiktives Szenario:
Die Regierung Merkel/Gabriel bringt einen Gesetzesentwurf raus, der den Verkauf und Konsum von Alkohol verbietet (analog zur früheren Prohibition in USA).
Die Gesetzesvorlage wird von Bundestag- und Rat abgenickt und ist somit verfassungsgemäß als auch rechtskräftig.
Da die Mehrheit der Bürger aber gerne weiter dem Alkohol fröhnen wollen, protestieren sie friedlich auf Versammlungen gegen das Gesetz.
Der Protest bleibt ohne Erfolg, das Alkoholverbot bleibt in Kraft und Verstöße dagegen werden auch geahndet.
Der Rechtsweg wird beschritten aber auch das Bundesverfassungsgericht (letzte Instanz) bestätigt die Rechtmäßigkeit des Gesetzes und das Alkoholverbot bleibt in Kraft.
Einziger Weg um wieder legal an Alkohol zu kommen wäre die Wahl einer neuen Regierung, welche das Gesetz zurück nimmt.
Neuwahlen finden aber nicht statt, weil die Regierung sich weigert zurückzutreten und kein verfassungsgemäßer Regelfall für eine Absetzung vorliegt.
Die Proteste werden unfriedlich weil viele Leutz es nicht akzeptieren, dass es keinen Suff mehr gibt und es kommt zu Ausschreitungen im Gebiet des Regierungssitzes/Parlaments.
Und nun wage ich mal die Prognose, dass es bei uns genauso ablaufen würde wie in der Ukraine (Verschärfung des Demonstrationsrechts, Einschränkung der Versammlungsfreiheit und Einsatz der Polizei mit der üblichen Gewaltspirale).
Mal abgesehen davon, dass ich jetzt grüne und rote Äpfel miteinander verglichen habe, wie würde ein Außenstehender dieses Szenario bewerten?
Soll bzw. darf sich eine demokratisch gewählte Regierung, die verfassungsgemäß agiert, sich von gewalttätigen Protesten beeinflussen lassen und dem "Mob" nachgeben, der ein vermeintlich besseres Ziel hat...
oder
...wehrt sie sich gegen ungesetzliche Handlungen des "Mob" mit der Staatsgewalt, setzt die bestehenden Gesetze durch und riskiert längere gewalttätige Auseinandersetzungen?
Und genau daran scheiden sich die Geister.
P.S.: Ich muss ja wohl nicht mehr alle Nadeln an der Tanne haben am frühen Morgen so ein Textpaket zu verfassen, sorry.
Nur weil "einige Tausend" der Meinung sind sie wollen, wenn auch aus gutem Grund, Neuwahlen sind sie nicht die Oberentscheidungsfinder- /oder -bestimmer für Millionen von Staatsbürgern.
Die aktuelle Regierung wurde von der Mehrheit der wahlberechtigten Ukrainer für einen bestimmten Zeitraum gewählt.
Eine Auflösung/Absetzung der Regierung kann formalrechtlich nur aufgrund bestehender Gesetze erfolgen und sieht dafür ein bestimmtes Prozedere vor.
Wenn die Regierung nun "Scheisse baut" (z.B. Korruptionsverdacht besteht, Abschluss überteuerter Gaslieferverträge etc.), ist das ärgerlich und würde einen normalen Menschen zum Protest veranlassen.
ABER:
Wenn es keine legale Möglichkeit gibt die Regierung vorzeitig abzusetzen und vorgezogene Neuwahlen zu initialisieren, weil eben (noch) kein gesetzlicher Auflösungsgrund vorliegt, den vermutlich das ukrainische Verfassungsgericht zu prüfen und festzustellen hätte, siehts schlecht aus.
Wenn der verfassungsmäßig vorgesehene Weg erschöpft ist, könnte man zwar friedlich aber vermutlich völlig nutzlos demonstrieren und müsste bis zum nächsten vorgesehenen Neuwahltermin warten, um einen Regierungswechsel zu erreichen.
Bis dahin ist die alte Regierung völlig legal weiter an der Macht.
Das ist natürlich frustrierend und (ich sag's mal in meinen Worten) dieser neudemokratische Kulturkreis ist es historisch gewöhnt, dass Veränderung durch Gewalt erreicht wird (Zarenzeit, Stalin, Weltkriege, Kommunismus).
Wenn die Proteste nun das geltende Demonstrationsrecht in der Ukraine verletzen (unerlaubte Ansammlungen, Landfriedensbruch, Angriff auf Staatsorgane), was ja offensichtlich der Fall ist, wird sich die Regierung (völlig legal) zur Wehr setzen.
Das kann einerseits durch Dialog geschehen, wo die Regierung sich erklärt warum sie was, wann, wo und weshalb gemacht hat und Lösungsvorschläge anbietet.
Wenn sie das nicht macht oder für erfolglos hält, besteht die Möglichkeit durch Einsatz der Staatsgewalt die verfassungsmäßige Ordnung aufrecht zu halten bzw. wieder herzustellen.
Das kann durch Einsatz der exekutiven Gewalt (Polizei, Militär) und der legislativen Gewalt (Erlass eines neuen verschärften Versammlungsgesetzes) erfolgen.
Ein z.B. neu erlassenes Versammlungsverbot an bestimmten Orten, wäre dann ein legal erlassenes Gesetz und somit nicht nur verfassungskonform sondern auch tatsächlich durchsetzbar.
An dieser Stelle kommt jetzt wieder die Frage, wer schuld an der aufkeimenden Gewalt ist:
Die Polizei, Miliz, Militär, welche aufgrund legal erlassener Gesetze das Recht duchsetzt oder die Protestierenden, die sich vermummt und bewaffnet gegen das Gesetz verhalten aber im Glauben das Richtige zu tun.
Ich halte es da mit einem Songzitat der Ärzte "Gewalt erzeugt Gegengewalt" und lasse diese Frage unbeantwortet, weil's darüber immer unlösbare Debatten gibt.
Trotz aller möglicher Meinungsverschiedenheiten würde ich dennoch das Resumeè ziehen, dass es wünschenswert wäre wenn die Gewalt in der Ukraine ohne Tote beendet wird und friedliche, vorgezogene Neuwahlen stattfinden.
Und damit niemand denkt, die Ukraine wäre ein exotischer Staat wo gerade Chaos herrscht möchte ich mal ein fiktives Beispiel bringen, wie sowas ähnliches bei uns ablaufen könnte:
Folgendes fiktives Szenario:
Die Regierung Merkel/Gabriel bringt einen Gesetzesentwurf raus, der den Verkauf und Konsum von Alkohol verbietet (analog zur früheren Prohibition in USA).
Die Gesetzesvorlage wird von Bundestag- und Rat abgenickt und ist somit verfassungsgemäß als auch rechtskräftig.
Da die Mehrheit der Bürger aber gerne weiter dem Alkohol fröhnen wollen, protestieren sie friedlich auf Versammlungen gegen das Gesetz.
Der Protest bleibt ohne Erfolg, das Alkoholverbot bleibt in Kraft und Verstöße dagegen werden auch geahndet.
Der Rechtsweg wird beschritten aber auch das Bundesverfassungsgericht (letzte Instanz) bestätigt die Rechtmäßigkeit des Gesetzes und das Alkoholverbot bleibt in Kraft.
Einziger Weg um wieder legal an Alkohol zu kommen wäre die Wahl einer neuen Regierung, welche das Gesetz zurück nimmt.
Neuwahlen finden aber nicht statt, weil die Regierung sich weigert zurückzutreten und kein verfassungsgemäßer Regelfall für eine Absetzung vorliegt.
Die Proteste werden unfriedlich weil viele Leutz es nicht akzeptieren, dass es keinen Suff mehr gibt und es kommt zu Ausschreitungen im Gebiet des Regierungssitzes/Parlaments.
Und nun wage ich mal die Prognose, dass es bei uns genauso ablaufen würde wie in der Ukraine (Verschärfung des Demonstrationsrechts, Einschränkung der Versammlungsfreiheit und Einsatz der Polizei mit der üblichen Gewaltspirale).
Mal abgesehen davon, dass ich jetzt grüne und rote Äpfel miteinander verglichen habe, wie würde ein Außenstehender dieses Szenario bewerten?
Soll bzw. darf sich eine demokratisch gewählte Regierung, die verfassungsgemäß agiert, sich von gewalttätigen Protesten beeinflussen lassen und dem "Mob" nachgeben, der ein vermeintlich besseres Ziel hat...
oder
...wehrt sie sich gegen ungesetzliche Handlungen des "Mob" mit der Staatsgewalt, setzt die bestehenden Gesetze durch und riskiert längere gewalttätige Auseinandersetzungen?
Und genau daran scheiden sich die Geister.
P.S.: Ich muss ja wohl nicht mehr alle Nadeln an der Tanne haben am frühen Morgen so ein Textpaket zu verfassen, sorry.
