"Dänen-Rambos" gegen "satanische Verse"

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Dänen-Rambos satanische Verse

Von Niels Reise, Stockholm

Eine Zensur- und Fälschungsaffäre blamiert das dänische Militär: Die Armee wollte die Memoiren eines früheren Afghanistan-Kämpfers verbieten lassen, warf dem Autor Geheimnisverrat vor. Doch die vermeintlichen Beweise dafür waren gefälscht - und der Übeltäter saß im Oberkommando.

Stockholm - Vor Bagdads Grüner Zone wäre er fast in die Luft gesprengt worden. Taliban jagten ihn durch die Gassen Kandahars. Mit einem Messer zwischen den Zähnen durchschwamm er Kloaken. So steht es in "Jæger - im Krieg mit der Elite", den Memoiren des dänischen Kommandosoldaten Thomas Rathsack. Doch genau wie bei Rambo, Sylvester Stallones Urvater aller gescheiterten Afghanistan-Veteranen, spielte sich das wirkliche Drama erst nach der Rückkehr in die Heimat ab - quasi über Nacht wurde Rathsack zum Staatsfeind.

Nach Jahren in sogenannten friedensbewahrenden Einsätzen trat der ehemalige Elitesoldat einen Schreibtischjob in einer Kopenhagener Kaserne an. Nach Feierabend tippte er seine Kriegserinnerungen in den Laptop. Es war eine Huldigung soldatischer Tugenden, die jedem Heerführer die Brust vor Stolz hätte schwellen lassen müssen. Doch es kam anders.

Wenige Tage vor dem geplanten Erscheinen des Buches ließ Rathsacks Oberkommandierender, Armeechef Tim Sloth Jørgensen, einen Antrag auf Verbot des Werks stellen. Der verdutzte Freizeitautor wurde umgehend vom Dienst suspendiert. Auch untersagte man ihm, die Sicherheitsbereiche der dänischen Streitkräfte zu betreten. Hobby-Schriftsteller Rathsack bekam sogar eine Anzeige an den Hals, es drohen bis zu acht Jahre Haft.

"Gebrauchsanweisung für die Taliban"

Viele fragten sich: Was kann im liberalen Dänemark - diesem Musterland der Meinungs- und Pressefreiheit - so schlimm sein, dass man ein Buch gleich verbieten zu müssen glaubt? Weder der Autor selbst, sein Verlag noch die vielen Literaturredakteure dänischer Medien, die das Manuskript vorab zu Rezensionszwecken erhalten hatten, verstanden die Aufregung des Oberkommandos.

"Eine Gebrauchsanweisung für die Taliban" sei das Buch, hieß es im Verbotsantrag, den die Militärführung bei Gericht einreichen ließ. Es gefährde das Leben der circa 700 in Afghanistan operierenden dänischen Soldaten. Außerdem würden geheime Kommandopläne bekannt. Und: Mit Hilfe des Buches wären die Taliban den Dänen immer einen Schritt voraus, und damit würde die Strategie des Afghanistan-Einsatzes zunichte gemacht.

Verteidigungsminister Søren Gade richtete einen Appell an dänische Medien, alle Informationen über den Inhalt des Werkes für sich zu behalten und auf Rezensionen zu verzichten: im Dienste der nationalen Sicherheit.

Restlos ausverkauft

Dänemarks große Tageszeitung "Politiken" witterte einen Scoop - und kannte kein Pardon. Folgerichtig ließ die Zeitung am Vorabend des zu erwartenden Urteilsspruchs das gesamte Manuskript als Beilage abdrucken. Überall im Lande war "Politiken" bereits am frühen Vormittag restlos ausverkauft. Die pragmatischen Richter am Kopenhagener Fogde-Gericht, das in der Sache entscheiden sollte, wiesen den Antrag ab - was soll ein Verbot, wenn der Inhalt des Buches schon bekannt ist?

Doch würden Militärführung und Verteidigungsministerium diese Schmach auf sich sitzen lassen? Wohl kaum.

Dänemark ist ein Land, dessen Öffentlichkeit Debatten dieser Art liebt. Oft handeln sie vom richtigen Umgang mit dem Islam. So sorgten vor einigen Jahren die in der dänischen Zeitung "Jyllandsposten" publizierten Mohammed-Karikaturen für Wutgeschrei auch unter säkularen Muslimen. Dann gab es ein gesetzliches Verbot für traditionelle islamische Kopfbedeckungen an dänischen Arbeitsplätzen. Und jetzt diese Geschichte.

Ausdruck voller arabischer Schriftzeichen

Drei Tage nach der schmachvollen Urteilsverkündung ließ Dänemarks konservativer Verteidigungsminister Søren Gade den verteidigungspolitischen Ausschuss im dänischen Parlament zusammentreten, dem Folketing. Den versammelten Abgeordneten und den Journalisten auf der Galerie teilte Gade mit unheilsschwangerer Geste mit, nunmehr kursierten arabische Übersetzungen der Soldatenmemoiren im Internet.

Zum Beweis wedelte er mit einem Computerausdruck voller arabischer Schriftzeichen. Niemand könne mehr daran zweifeln, welche Gefahr von dem Machwerk ausginge, wenn sich sogar die Taliban und ihre Mittäter sofort an eine Übersetzung ins Arabische gemacht hätten. Das schien logisch und sorgte erst einmal für landesweite Betroffenheit.

Doch nur kurze Zeit später gingen E-Mails bei dänischen Medien ein, denen der arabische Text des bedrohlichen Buches als Word-Datei beigefügt war. Absender: das Verteidigungsministerium. Auf Nachfrage ließ Armeechef Sloth Jørgensen mitteilen, die Texte seien versehentlich verschickt worden - ein gefundenes Fressen für den Boulevard. Satanische Verse, in echt! Nur die Zeitung "BT" machte sich die Mühe, den Text zurück ins Dänische übersetzen zu lassen. Mit erstaunlichem Ergebnis.

Nichts als Nonsens

Der Text entpuppte sich nämlich als Nonsens - offensichtlich das Produkt eines automatischen Übersetzungsprogramms im Internet und bestimmt keine Gebrauchsanweisung für islamische Terroristen. Doch es sollte noch schlimmer für die militärische Führung kommen: Als Autor der dilettantischen Übersetzung verriet die Datei keinen anderen als den Pressechef des Oberkommandos.

Dieser, um Ausreden nicht verlegen, räumte ein, das Buch des Veteranen eigenhändig und mit Hilfe der Übersetzungsfunktion der Suchmaschine Google angefertigt zu haben. Wer die Funktion schon mal benutzt hat, weiß, was es bedeutet, ein ganzes Buch auf diese Weise durch den Sprachwolf zu drehen.

Doch getan habe er es nur, weil er die Version, die er und Armeechef Sloth Jørgensen im Netz gesehen hätten, später nicht mehr hätten wiederfinden können. So habe man eben zu Veranschaulichungszwecken selbst Hand anlegen müssen. Eine Erklärung, die ihm niemand mehr glauben wollte.

Vergangene Woche dann die logische Konsequenz: Oberkommandierender Sloth Jørgensen und seine engsten Mitarbeiter aus Presse- und IT-Abteilung mussten gehen. Dennoch bleiben viele Fragen unbeantwortet. Nicht zuletzt die, was eigentlich der wahre Grund dafür ist, warum "Jæger - im Kampf mit der Elite" ursprünglich verboten werden sollte.

Hat die Armee ein Problem?

Der Leiter des Kopenhagener Instituts für Menschenrechte, Jens Christoffersen, meint, im Buch gäbe es mehrere Stellen, die auf planmäßige Verstöße der militärischen Führung gegen die Genfer Konvention schließen ließe. Zum Beispiel die von Rathsack mit großem Detailreichtum beschriebene Jagd auf einen vermeintlichen Agenten im Süden Afghanistans.

Dabei sei eine Kommandogruppe der dänischen Jäger in zivilen Paschtunenkleidern und versteckten Waffen losgezogen - mit dem Auftrag zu töten. Nach Meinung Christoffersens allein schon Grund genug für das Oberkommando, das Buch aus dem Verkehr ziehen zu wollen: "Wenn das tatsächlich passiert ist, dann hat die Armee wirklich ein Problem!"

Doch obwohl sich das Buch des Afghanistan-Veteranen blendend verkauft, kann sich Ex-Soldat Rathsack über seinen außergewöhnlichen schriftstellerischen Erfolg nicht richtig freuen. Denn demnächst steht er selbst vor Gericht.

Quelle: spiegel.de

Hoffe das wird mal übersetzt.
 
Dieses Buch hätte ich auch gerne in meinen Händen, vorausgesetzt es wird ins Deutsche übersetzt^^
 
Na, die Armee deutet die Infos im Buch zu satanischen Versen um, damit jeder denkt das is pfuibah. Satanische Verse = verbotene Verse. :o

@oben: Dänisch zu lesen ist gar nicht so schwer.
 
jaja outsider wir wissen ja alle, dass du ein skandinavier fanboy bist :D

Dieses Buch hätte ich auch gerne in meinen Händen, vorausgesetzt es wird ins Deutsche übersetzt^^

gell. würd mich auch interessieren wie der reale alltag eines elitesoldaten daunten aussieht. was die wirklich machen müssen und was nicht. (killerkommandos etc)
 
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