11 Freunde

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Jul 29, 2001
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Du armes deutsches Bindegewebe!

Die wöchentliche Exklusiv-Kolumne von Deutschlands bestem
Fußball-Fanzine. Heute: teutonischer Bewegungsmangel, neue
ukrainische Wunderstürmer und Auszüge aus Effenbergs
Memoiren.


Ja, auch wir saßen am Samstag vor unseren zwei
Fernsehern und hofften auf das Wunder. Die
griechisch-finnische Hymne im Zwei-Kanal-Ton
verkrafteten wir gerade noch so, danach aber
ließ uns das doppelte Gerumpel in Schalke und
Manchester übel gelaunt zurück. Bis gestern. Da
fiel uns der neue Fitness-Ratgeber von
Bayern-Doc Müller-Wohlfahrt in die Hände, mit
einer knallharten Analyse des Finnland-Spiels.

"60 Prozent der Deutschen bewegen sich zu
wenig, jeder Vierte ist sogar völlig inaktiv", so
"MW". Die schrecklichen Folgen: "Die Haut wird
streifig oder rissig. Gelenke sind instabil". Armes
deutsches Bindegewebe! Aber Müller-Wohlfarth
hat auch gute Ratschläge parat. Er rät zu
Lauftraining: "Kleine Ziele, die Sie leicht erreichen können. Zwei
Minuten laufen, dann wieder gehen, das ist schon ein Erfolg". Das
macht Mut für die Spiele gegen die Ukraine.

Selbst bei den Ausflüchten nur zweitklassig

"Es lag am schwachen Bindegewebe", wäre also eine passable
Ausrede der deutschen Kicker für den Standfußball in der ersten
Halbzeit des Finnland-Spiels gewesen. Stattdessen flüchteten sich
Ballack und Kollegen lieber in die Zweitligastandards wie "nicht ins
Spiel gekommen" und "die Finnen der erwartet starke Gegner". Dabei
hätten ein paar Premium-Ausreden aus der Oberprima schon gereicht.
Dann hätte Rudi sein "Heft vergessen", Olli Bierhoffs Kanarienvogel
wäre "plötzlich verschieden" und bei Michael Ballack "war das doch
nur mündlich, oder?"

Wie es richtig geht, haben uns ausgerechnet die Engländer
vorgemacht. Die hatten ihre Hausaufgaben zwar auch nicht gemacht,
schrieben aber im Bus zum Stadion fix noch alles ab, und ließen sich
schließlich von Klassenlehrer Dick Jol den letzten Satz in die Heft
diktieren. Auf niederländisch, versteht sich: "Nei, wat sin de Moffen
doof" - oder so ähnlich.

Die Wachspuppe heißt Lobanoswki

Nun müssen wir (oder die) also in die so genannten Todesspiele
gegen die Ukraine. Noch weiß man hier zu Lande ja nicht viel über die
ehemalige Sowjetrepublik. Deshalb an dieser Stelle schon mal fünf
lebenswichtige Kurzinformationen zum kommenden Gegner (nicht nur
für Nationalspieler):

1. Es müssen keine Glasperlen mitgebracht werden, um die
Eingeborenen gnädig zu stimmen.

2. Der Herr auf der Trainerbank ist keine Wachspuppe, sondern ein
berühmter Trainer namens Valerij Lobanowski.

3. Die Ukraine tritt zu Ehren des dreifachen Weltmeisters Deutschland
nicht mit drei Mann weniger an.

4. Auch nicht mit verbundenen Augen. Selbst wenn Mayer-Vorfelder
das fordern sollte.

5. Die beiden gefürchteten Stürmer der Ukraine heißen nicht
Tschernenko und Andropow.

Effenbergs Memorien: "Ein Rebell packt aus"

Derweil die Nationalelf sich in Gelsenkirchen vergeblich mühte, saß ein
anderer teutonischer Recke mit Lesebrille und Füllfederhalter an
seinem antiken Sekretär: Stefan Effenberg, immer noch verletzt und
ohne englischen Verein für nächste Saison, will seine Memoiren
schreiben und dabei so manches private Geheimnis preisgeben. Das
hat er uns zumindest in der "Bild"-Zeitung versprochen.

Was das wohl für Geheimnisse sein mögen? Neugierig wie "11
Freunde" sind, haben wir Effenbergs Mülltonne vor seiner Grünwalder
Villa durchwühlt und noch vor Beginn der Frankfurter Buchmesse dort
doch tatsächlich die ersten Schreibversuche des Bayern-Rebellen
gefunden:

"Montagmorgen. Eben ist Martina ins Solarium gefahren, und der
Abwasch vom Wochenende liegt vor mir. Gute Güte, wie soll ich das
alles schaffen? Aber genug gejammert, Stefan, die Schürze
umgebunden und ran ans Werk. Das Spülwasser ist schnell
eingelassen, doch die Schmutzränder an der Bratpfanne machen mir
zu schaffen. Da muss ich mit Sidolin ran. Ich schrubbe, und siehe da,
die Bratpfanne glänzt. Dann ist Martina wieder da. "Wie, war's etwa
nicht schön im Solarium?", frage ich vorsichtig. Sie nickt und lobt
mich. Das wiegt alle Strapazen auf. Ich bin glücklich.

Im nächsten Kapitel: Wie ich Gardinen aufgehängt habe. Und: Mein
Kampf gegen den Lochfraß an der Waschmaschine (mit dem
freundlichen Experten aus der Werbung).
 
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