Der Punkt ist nicht der Kredit. Der ist für sich genommen kein Problem. Das Problem ist, dass er den a) nicht offengelegt hat (weder gleich noch im nachhinein) und vor allem b) sein Umgang mit der Sache, nämlich: Abstreiten, Salami-Taktik, etc.
Das ist halt total diesselbe Vorgehensweise wie Guttenberg und alle die jetzt für den armen Christian Wulff in die Bresche springen, haben das auch für Guttenberg damals getan mit dem Argument "Dann hat er halt geschummelt, als hätten wir noch nie bei einem Test geschummelt mümümümü!"
Das ist eine Verteidigung, die vollkommen an der Sache vorbeigeht. Nicht das "Vergehen", sondern der Umgang damit.
Bei der Lewinski-Affäre damals hätte Clinton eigentlich auch den Hut nehmen müssen. Nicht weil er sich von einer Praktikantin einen hat blasen lassen (wer tut das nicht, ist ja nur menschlich), sondern weil er die Sache nachher abgestritten und sogar öffentlich und vor einem Untersuchungsausschuss gelogen hat. Nicht die Affäre ist unvereinbar mit sauberer Amtsführung, sondern das Lügen darüber.
Ebenso bei Wulff. Nicht der Kredit, das Übernachten bei einem Freund oder whatever ist das Untragbare, das verzeiht man ihm eh und das war nie der Punkt, sondern der Umgang mit der Sache: Verheimlichen, Abstreiten, Einschüchterungsversuche gegenüber der Presse (auch wenn's nur die Bild ist) sowie das offensichtliche Fehlen jedes Schuldbewusstseins.
Der Fehler selbst ist verzeihbar, aber nicht der umgang mti den Fehlern. Denn wenn er mit so einer Bagatelle, die ihm bei offenem Umgang damit keinerlei Schaden verursacht, schon auf diese Weise umgeht, wie tut er es dann erst mit einer wirklich schlimmen Verfehlung?
Ich gestehe jedem seine Fehler zu, sind ja alle nur Menschen, aber wenn jemand ein öffentliches Amt hat und die Fehler seine Amtsführung betreffen, dann muss er auch dazu stehen und daraus lernen können und das nicht vertuschen wollen. Wie gesagt: Es geht um Amtsführung als Bundespräsident und die lässt bei Wulff zu wünschen übrig.
Insofern geht die Kritik von Kerkeling desaströs an der Sache vorbei, wie immer, wenn Kerkeling versucht, was anderes zu sein, als ein inzwischen etwas fader Commedian.
Das ganze zu einer Sache "Wulff oder Bild" zu machen ist ein ziemlich billiger und mieser rhetorischer Trick, mehr nicht. Denn:
1) Natürlich geht es der Bild um Schlagzeile und nicht um investigativen Journalismus, aber wenn mit investigativem Journalismus eine Schlagzeile zu machen ist, dann macht sie das auch. Natürlich müssen bei der Bild eventuelle Enthüllungen um so genauer geprüft werden, eben weil es die Bild ist.
2) Nochmals: Sofern die Enthüllungen inhaltlich legitim sind, sind sie es unabhängig von der Quelle.
Nur weil man die Bild nicht mag (tu ich nun wirklich nicht), kann man den Umstand, dass ein Bundespräsident eine Redakteur einschüchtern will, nicht abtun. Pressefreiheit ist Pressefreiheit und die Bild ist nun mal Teil der Presse. Wär ja noch schöner, wenn man eine Zeitung einschüchtern darf und eine andere nicht. Insofern sind diese blöden "Aber das ist ja die Bild"-Unkengerufe unangebracht und im günstigsten Fall Parteilichkeit aus Ignoranz.
Die Frage ist also entgegen Hape Kerkelings messerscharfen politischer Analyse also tatsächlich nicht "Wulff oder die Bild" sondern "Wulff oder ein anderer".
@Wassermelone: *Gähn* Na gut, dann nenne du mir einen derzeit potentiellen Nachfolger für Wulff, der nicht geeignet ist.
Der Punkt ist, dass es wohl derzeit schwer ist, konkret über potentielle Nachfolger zu sprechen.
Davon abgesehen war das auch gar nicht meine Aussage. Meine Aussage war, dass deine Aussage (nämlich, dass eh alle unsauber sind und die anderen, ihre Verfehlungen nur besser geheimhalten) verallgemeinender Blödsinn ist und es genug Saubere gibt. Aber wenn du darauf bestehst: Dann nenn mir doch mal konkret Leute, die unsauber sind, aber ihre unsauberen Inhalte und Amtsführung nur gut genug geheimhalten können.
