Sicherlich ist es ziemlich akkut, wenn man unter Depressionen leidet, aber liegt es nicht in der Natur des Menschen, niemals "satt" zu werden? Wäre ja auch irgendwie traurig, wenn du mit deinen 23 Jahren schon "satt" wärst - das ist man vielleicht im Rentenalter irgendwann, oder kurz vor dem Tod, nachdem man ein erfülltes Leben hatte.
Ich vermute, du leidest durch deine "unglückliche Kindheit" (wenn ich das so sagen darf) unter einem Aufmerksamkeitsdefizit (nicht böse gemeint, sondern faktisch festgestellt), und hast auch jetzt, wo du als Gruppenleiter und durch Schauspiel etc. Aufmerksamkeit bekommst, immer noch ständig unterbewusst das Gefühl, du würdest nicht genügend Aufmerksamkeit bekommen bzw. du wärst "nutzlos".
Meine Schwester hat bis vor ungefähr einen Jahr unter Magersucht gelitten. Durch professionelle Hilfe ist sie wieder zu einem gesunden und (das muss selbst ich als Bruder zugeben) hübschen Mädchen mit gesunden Maßen, einem sympatischen Freund usw. geworden. Trotzdem erzählt sie mir gelegentlich (wir stehen uns ziemlich nahe), dass sie zeitweise deprimiert und hilflos ist, meistens verwendet sie den Begriff "unglücklich". Sie erzählt dann, dass sie irgendwelche Symptome von früher wieder übereilen, und es sehr schwierig wäre, diese wieder loszuwerden. Ich sehe da gewisse Parallelen in ihrem und deinem Verhalten.
Ich bin mir grundsätzlich über das Ausmaß von Depressionen leider nicht 100%ig im Klaren, aber ich bin persönlich der Meinung, dass drei Dinge dagegen helfen können:
1) Man sollte sich die Frage stellen, warum man unglücklich ist. Was fehlt einem, was könnte / möchte man eventuell in seinem Leben verändern?
2) Mit Menschen sprechen, die einem nahe stehen; denen man zuhört und glaubt. Von solch einem Menschen zu hören, dass man sich zu Unrecht Gedanken macht, weil man aus angeführten Gründen für andere sehr wichtig sei usw., kann sehr aufbauend wirken und gegen Selbstzweifel helfen.
3) Anstatt nur darauf zu schauen, was andere Menschen haben / hatten, und was man nicht hat / hatte, sollte man sich in's Bewusstsein rufen, was man alles hat und macht, worauf man stolz sein kann, auch wenn man das aus Bescheidenheit nicht unbedingt aus Prinzip ist. Wenn du einen weinenden Menschen (zum Beispiel deine Freundin) aufbauen bzw. zum lachen bringen kannst, dann ist das etwas, worauf man stolz sein kann. Wenn du es schaffst, den Kindern in der FFW an Tagen, wo sie nicht gut drauf sind, durch gewisse Aktionen ein Lächeln in's Gesicht zu zaubern, dann ist das etwas, worauf du stolz sein kannst. Solche Momente sollten dir zeigen, dass du für andere Menschen nicht egal bist, auch wenn dir das vielleicht in deiner Kindheit vermittelt wurde. (bzw. Teenagerzeit, wasauchimmer, bis zum Erreichen einer gewissen persönlichen Reife sehe ich jeden als "Kind" an, egal wie alt er biologisch gesehen ist)
Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass man das recht schwer in Worte fassen kann. Ich bin aber auf jeden Fall der Meinung, dass sich solche Gedanken auf rein psychischer Ebene abspielen, dass sich dort eine Art Blockade im Kopf gebildet hat, die man jedoch mit den richtigen Mitteln / Wegen langsam abbauen kann. Diese Mittel / Wege muss nun eben "nur" noch jeder Mensch für sich selbst ergründen, um im großen und ganzen "glücklich" zu werden. "Satt" wird man so schnell sowieso nicht; nicht in deinem Alter, denke ich.
